In der Bergpredigt und im Gespräch mit seinen Jüngern setzte Jesus voraus, daß seine Nachfolger fasten werden. Was wissen Sie über dieses geistliche Werkzeug?
Von Dean Wilson
In seiner Bergpredigt klärte Jesus seine Jünger über das richtige Verhalten beim Fasten auf. „Wenn ihr fastet, sollt ihr nicht sauer dreinsehen wie die Heuchler; denn sie verstellen ihr Gesicht, um sich vor den Leuten zu zeigen mit ihrem Fasten. Wahrlich, ich sage euch: Sie haben ihren Lohn schon gehabt. Wenn du aber fastest, so salbe dein Haupt und wasche dein Gesicht, damit du dich nicht vor den Leuten zeigst mit deinem Fasten, sondern vor deinem Vater, der im Verborgenen ist; und dein Vater, der in das Verborgene sieht, wird dir’s vergelten“ (Matthäus 6,16-18; alle Hervorhebungen durch uns).
Damit meinte Jesus offensichtlich mehr als nur den Versöhnungstag, den einzigen gebotenen Fastentag des Jahres, der auch ein Festtag Gottes ist (3. Mose 23,26-32).
Beispiele aus der Bibel
In der Heiligen Schrift finden wir vor der Zeit Mose – vor dem Versöhnungstag – keine Beispiele des Fastens. Dennoch kann man davon ausgehen, daß die Patriarchen, die vor der Zeit Mose gelebt haben, die Prinzipien des Fastens als ein wichtiges Mittel zur Stärkung ihrer Beziehung zu Gott kannten.
Aus der Zeit nach den Patriarchen gibt es viele biblische Beispiele des Fastens, sowohl im Alten und als auch im Neuen Testament, durch die wir die Bedeutung des Fastens für uns heute kennenlernen können.
• Nachdem die Israeliten von den Männern von Ai besiegt wurden (Josua 7,6), blieben Josua und die Ältesten von Israel vom Morgen bis zum Abend vor der Bundeslade im Staub niedergestreckt, anscheinend ohne zu essen.
• Die elf Stämme Israels, die gegen den Stamm Benjamin die Waffen erhoben, fielen vor der Bundeslade auf ihre Gesichter bis zum Abend ohne zu essen (Richter 20,26), als sie sahen, daß sie vor den Bewohnern von Gibea nicht bestehen würden.
• David fastete, während das Kind, das er durch Ehebruch mit Batseba, der Frau von Uria, bekommen hatte, im Sterben lag (2. Samuel 12,16).
• Mose fastete 40 Tage auf dem Berg Horeb, bevor Gott ihm die zwei Gesetzestafeln gab (2. Mose 34,28-29). Während dieser Zeit aß er weder Brot, noch trank er Wasser.
• Elia fastete auch 40 Tage während seiner Reise durch die Wildnis zum Horeb, dem Berg Gottes (1. Könige 19,18).
• Jesus Christus fastete vor seinem Zusammentreffen mit Satan 40 Tage und Nächte in der Wildnis (Matthäus 4,1-3).
Christus sagte voraus, daß seine Jünger fasten würden
Die Jünger des Johannes fragten Jesus Christus nach dem Fasten. Christus antwortete, daß seine Jünger nicht zu fasten brauchten, während er auf Erden war. Doch nach seinem Tod und Abschied würden seine Jünger fasten: „Da kamen die Jünger des Johannes zu ihm und sprachen: Warum fasten wir und die Pharisäer so viel, und deine Jünger fasten nicht? Jesus antwortete ihnen: Wie können die Hochzeitsgäste Leid tragen, solange der Bräutigam bei ihnen ist? Es wird aber die Zeit kommen, daß der Bräutigam von ihnen genommen wird; dann werden sie fasten“ (Matthäus 9,14-15).
Beim Predigen des Evangeliums und auch in der Zeit kurz nach seinem Tod mußten sich Jesus und die frühe neutestamentliche Kirche mit dem Brauch befassen, gewisse Tage der Woche oder des Monats zum Fasten auszusondern. Die Pharisäer prahlten damit, zweimal in der Woche zu fasten (Lukas 18,12) und betrachteten sich dadurch als gerechter als andere.
In der Gemeinde zu Rom wollten anscheinend einige von den dortigen Geschwistern das Fasten an gewissen Tagen anderen Christen in Rom aufzwingen: „Der eine hält einen Tag für höher als den andern; der andere aber hält alle Tage für gleich. Ein jeder sei in seiner Meinung gewiß. Wer auf den Tag achtet, der tut’s im Blick auf den Herrn; wer ißt, der ißt im Blick auf den Herrn, denn er dankt Gott; und wer nicht ißt, der ißt im Blick auf den Herrn nicht und dankt Gott auch“ (Römer 14,5-6). Paulus wies darauf hin, daß Fasten eine persönliche Angelegenheit war und daß jeder Christ einzeln vor dem Richterstuhl Christi stehen oder fallen wird.
Wie bereits erwähnt, gebieten weder Christus noch die Bibel (Altes und Neues Testament) noch die Apostel noch die neutestamentliche Kirche an einem bestimmten Tag zu fasten, außer am Versöhnungstag.
Fasten ist etwas sehr Persönliches
Christi Aussagen zu diesem Thema sind einfach und direkt. Seine Jünger werden fasten (Lukas 5,33-35), doch er sagte nicht wann, wie lange oder wie oft. Wie Paulus im Römerbrief erläuterte, ist Fasten eine persönliche Angelegenheit zwischen uns und Jesus Christus, der unser Richter ist.
Jesus wußte, daß seine Jünger fasten würden, und hinterließ deshalb ausführliche Anweisungen, wie man fastet und was der Zweck des Fastens ist. In dem bereits zitierten Abschnitt in Matthäus 6, Verse 16-18 erklärt Christus, daß Fasten keine scheinheilige Darstellung vermeintlicher Gerechtigkeit vor den Menschen ist. An unserer äußerlichen Erscheinung sollte keiner unser Fasten erkennen, d. h., unsere Kleidung und unser Benehmen sollten anderen nicht mitteilen, daß wir fasten. Statt dessen ist es eine sehr persönliche Angelegenheit zwischen uns und Gott.
Darüber hinaus lesen wir in Jesaja 58, Verse 3-5, daß man nicht aus selbstsüchtigen Gründen fasten sollte. Gott hat keine Freude daran, wenn wir unseren Körper quälen, unseren Kopf beugen, Trauerkleider anziehen und Asche streuen in dem Bemühen, Gott um selbstsüchtiger Gründe willen anzuflehen. Gott wird uns nicht beachten, wenn wir mit einer falschen Einstellung fasten.
Hilfsmittel zur Befreiung von der Sünde
Warum sollen wir fasten? Die Bibel zählt die Gründe für das Fasten nicht im Detail auf. Trotzdem können wir, indem wir die biblischen Beispiele des Fastens studieren, auf viele der Gründe schließen. Jesaja 58, Verse 6-11 offenbart einen der wichtigsten und grundlegenden Gründe für das Fasten. Wie Jesaja 58, Vers 6 zeigt, hilft uns das Fasten dabei, die Fesseln der Gottlosigkeit (Sünde) zu lösen, die schweren Bürden abzulegen, aus der Unterdrückung herauszukommen und das Joch der Gefangenschaft zu brechen, unter dem alle Sünder zu leiden haben.
Der achte Vers erklärt das Endergebnis. Das Fasten befreit unseren Sinn und läßt uns uns wohl fühlen; wir wissen, daß wir eins sind mit Gott. Plötzlich werden die Schranken zwischen uns und Gott gehoben. Wir fühlen uns frei und sind zuversichtlich, daß unser Gott bereit ist, unsere Gebete zu erhören.
Wir sind bereit, das zu tun, wozu er uns berufen hat, ohne die Fesseln und Bürden der selbstauferlegten Sünden, die uns alle von Zeit zu Zeit verlangsamen und unsere Beziehung zu unserem Schöpfer stören.
Die biblischen Beispiele des Fastens sind eine große Hilfe bei der Beantwortung der Frage, wann und wie gefastet werden sollte.
Für David war das Fasten in einer Zeit von großer Trauer, einer Zeit, in der er Trost und Verständnis von Gott brauchte, sehr nützlich. In 1. Samuel 31, Verse 11-13 und 2. Samuel 1, Verse 17-27 trauerte David sehr über den Tod des Königs Saul und den Tod von Sauls Sohn Jonatan, einem geliebten Freund. Beim Fasten und Trauern gedachte David der Größe dieser Männer und seiner persönlichen Beziehung zu ihnen. David suchte Trost von Gott, als er um den Verlust seines geliebten Freundes trauerte.
David fastete auch, als er mit seinem ganzen Herzen die Vergebung seiner Sünden suchte und sein neugeborener Sohn schwer krank war. Er bat Gott, sein Gebet zu erhören und das Kind zu heilen (2. Samuel 12,13-23). Bei dieser Gelegenheit erklärte David, warum er fastete: „Als das Kind noch lebte, fastete ich und weinte; denn ich dachte: Wer weiß, ob mir der Herr nicht gnädig wird und das Kind am Leben bleibt.“
Jesus Christus erklärte seinen Jüngern die Wichtigkeit des Betens und des Fastens, nicht nur bei der Heilung, sondern auch bei der Austreibung gewisser Dämonen (Matthäus 17,14. 21).
Diese Beispiele schärfen uns die Wichtigkeit des Fastens während einer schweren Krankheit oder bei bestimmten geistlichen Problemen ein. Wenn wir Gottes Hilfe besonders brauchen, wenn wir uns vergewissern müssen, daß wir Gott nahe sind und daß er unsere Gebete hört, dann fasten wir.
Hilfsmittel bei der Suche nach Gottes Eingreifen
Fasten kann in einer Zeit schwerer Probleme, in der wir Gottes Hilfe dringend brauchen, von unschätzbarem Wert sein. In 2. Chronik 20, Verse 3-4 wird berichtet, daß Joschafat und das Volk Juda sich unter solchen Umständen auf das Fasten verließen: „Joschafat aber fürchtete sich und richtete sein Angesicht darauf, den Herrn zu suchen; und er ließ in ganz Juda ein Fasten ausrufen. Und Juda kam zusammen, den Herrn zu suchen; auch aus allen Städten Judas kamen sie, den Herrn zu suchen.“
In Matthäus 4, Verse 1-2 lesen wir, daß Jesus Christus fastete, bevor er von Satan dem Teufel versucht wurde: „Da wurde Jesus vom Geist in die Wüste geführt, damit er von dem Teufel versucht würde. Und da er vierzig Tage und vierzig Nächte gefastet hatte, hungerte ihn.“
Wir haben auch das Beispiel des Fastens, wenn man bei großen Entscheidungen um Gottes Hilfe bittet. Die neutestamentliche Kirche fastete zum Beispiel vor Ordinationen und wichtigen regionalen oder örtlichen Verantwortungen in der Gemeinde. Ein Beispiel dafür ist die Einsetzung von Barnabas und Paulus als Apostel, um den Heiden das Evangelium zu predigen: „Als sie aber dem Herrn dienten und fasteten, sprach der heilige Geist: Sondert mir aus Barnabas und Saulus zu dem Werk, zu dem ich sie berufen habe. Da fasteten sie und beteten und legten die Hände auf sie und ließen sie ziehen“ (Apostelgeschichte 13,2-3).
Paulus und Barnabas wiederum folgten diesem Beispiel auf ihrer allerersten Reise: „Als sie ihnen aber in jeder Gemeinde Älteste gewählt hatten, beteten sie mit Fasten und befahlen sie dem Herrn, an den sie gläubig geworden waren“ (Apostelgeschichte 14,23; Elberfelder Bibel).
Fazit: Fasten ist eine persönliche Angelegenheit für Christen. Es hilft uns in unserem Kampf gegen die Sünde. Vor allen Dingen hilft uns das Fasten, unsere Beziehung zu Gott zu vertiefen. So können wir uns über das Ergebnis unseres Fastens freuen, wenn wir uns um die Nähe zu Gott bemühen: „Naht euch zu Gott, so naht er sich zu euch“ (Jakobus 4,8).