Wie wichtig sind unsere Worte? Sind sie lediglich ein Nebenschauplatz für unser christliches Leben? Wie wirken sie auf unsere zwischenmenschlichen Beziehungen?
Von Martin Agbezudor
Während des Wahlkampfs für das Amt des US-Präsidenten vor 18 Monaten wurde dem Kandidaten der demokratischen Partei, dem damaligen Senator Barack Obama, vorgeworfen, sein sich bereits abzeichnender Erfolg bei den Wählern sei hauptsächlich seiner Rhetorik zu verdanken. „Es sind ja nur Worte“, meinten einige zu seinen Wahlkampfauftritten.
„Haben Worte denn keine Bedeutung?“ war die Antwort des demokratischen Kandidaten auf die Vorbehalte seiner Kritiker. Mit seinem Aufruf zur Erneuerung „Yes, we can!“ [Ja, wir schaffen es!] mobilisierte Obama besonders viele junge Wähler und wurde als erster Schwarzer in der Geschichte der USA zum Präsidenten gewählt.
Worte haben ganz gewiss eine Bedeutung. 45 Jahre vor der Wahl von Senator Barack Obama zum US-Präsidenten rief sein Landsmann Dr. Martin Luther King jr. vor 200 000 Zuhörern aus: „Ich habe einen Traum!“ Sein Traum galt der Beseitigung der Rassentrennung und der Diskriminierung von Amerikas schwarzen Bürgern. Kings Rede hatte einen großen Einfluss auf die amerikanische Öffentlichkeit und die Bürgerrechtsbewegung. Sie hat nicht zuletzt dazu beigetragen, dass der US-Kongress verschiedene Gesetze zur Stärkung der Rechte von Minderheiten verabschiedet hat. So wurden Gesetze zum Bürgerrecht von 1964, zum Stimmrecht von 1965 und zum Wohnungsrecht von 1968 verabschiedet. Sie gelten seitdem für alle US-Bürger und haben die USA entscheidend verändert. Es waren nur Worte, aber Worte, ohne die ein Senator Barack Obama aus Illinois 2008 nicht zum Präsidenten gewählt worden wäre.
Es gibt viele Beispiele für die Kraft, die Worte haben können. Der Ausruf des für die Westsektoren ernannten Bürgermeisters von Berlin, Ernst Reuter, zur Zeit der Berlin-Blockade 1948, „Schaut auf diese Stadt“, oder der Spruch von Neil Armstrong bei der Mondlandung, „Ein kleiner Schritt für einen Menschen, aber ein großer Schritt für die Menschheit“, sind weitere Beispiele.
Worte können inspirieren, beflügeln, motivieren, aber auch enttäuschen, entmutigen und demotivieren. Ist uns immer bewusst, welche Wirkung Worte haben können?
Worte haben Wirkung
Auf jeden Fall sollen wir verstehen, wie kraftvoll die Worte Gottes sind. In Psalm 33 Vers 6 lesen wir: „Der Himmel ist durch das Wort des Herrn gemacht und all sein Heer durch den Hauch seines Mundes“ (alle Hervorhebungen durch uns). In Matthäus 8, Vers 8 wird uns gezeigt, wie ein römischer Hauptmann, als es um die Heilung seines Knechtes ging, die potenzielle Wirkung der Worte Jesu erkannte: „Der Hauptmann antwortete und sprach: Herr, ich bin nicht wert, dass du unter mein Dach gehst, sondern sprich nur ein Wort, so wird mein Knecht gesund.“
Nicht nur die Worte Gottes haben Wirkung, auch unsere Worte sind wichtig. Wie sie auf andere Menschen wirken, ist wichtig. Noch wichtiger ist, dass sie bei Gottes Urteil über unsere Lebensführung herangezogen werden sollen. Jesus sagte: „Ich sage euch aber, dass die Menschen Rechenschaft geben müssen am Tage des Gerichts von jedem nichtsnutzigen Wort, das sie geredet haben. Aus deinen Worten wirst du gerechtfertigt werden, und aus deinen Worten wirst du verdammt werden“ (Matthäus 12,36-37).
Es dürfte daher nicht überraschen, dass die Bibel einiges über Worte aussagt. Wie oben erwähnt, können Worte eine positive oder aber eine negative Wirkung haben. In der Bibel finden wir Stellungnahmen zu beiden Wirkungen. Jesus Christus erwartet, dass wir als seine Jünger unsere Worte und unsere Zunge so einsetzen, dass wir Gott und unseren Mitmenschen dienen und damit zu einer positiven Beurteilung Gottes in Bezug auf unsere Lebensführung beitragen.
Worte haben Kraft. Unsere Worte wirken auf unsere Mitmenschen.
Worte können scharf sein wie ein Messer
Unsere Worte können wie ein Messer schneiden und unsere Mitmenschen verletzen. Alles, was wir sagen, kann nicht mehr zurückgenommen werden. Wenn wir etwas sagen, geht es sozusagen für ewig in die Welt. Deshalb finden wir diese Ermahnung in den Sprüchen: „Tod und Leben stehen in der Zunge Gewalt; wer sie liebt, wird ihre Frucht essen“ (Sprüche 18,21). Der Apostel Paulus fügt hinzu: „Eure Rede sei allezeit freundlich und mit Salz gewürzt, dass ihr wisst, wie ihr einem jeden antworten sollt“ (Kolosser 4,6).
Wir alle wissen, dass Worte scharf wie ein Messer sein können. Alle Leser dieses Artikels wurden schon mal durch die Worte anderer geschnitten, doch wir haben auch andere schon mal mit unseren Äußerungen verletzt.
Haben wir vielleicht gerade kürzlich jemanden mit unseren Worten verletzt? Das Resultat könnte eine tiefe Wunde sein, denn unsere Worte können sich auf unsere Opfer dauerhaft negativ auswirken. Oftmals erkennen wir erst später, dass wir mit unseren Worten zugestochen haben und es tut uns leid. Doch nachdem wir das Messer wieder herausgezogen haben, kann die Wunde beim Anderen immer noch schmerzhaft sein. Das kann die Auswirkung unserer Worte auf andere Menschen sein, und das wollen wir nicht!
Im Gegensatz dazu können unsere Worte auch heilen und das Wohlbefinden fördern. So beispielsweise wenn wir anderen Menschen für eine gelungene Arbeit unsere Anerkennung aussprechen oder sie dazu ermutigen, es nochmals zu versuchen, wenn sie einen Fehler gemacht haben.
Warum scheint es der Fall zu sein, dass die Menschen zurückhaltend sind, wenn es darum geht, andere zu loben und aufzubauen, jedoch sehr schnell dazu bereit sind, andere zu kritisieren?
Unsere Zunge bändigen
Die Bibel sagt viel über Worte und die Kraft der Zunge. So sagt der Apostel Jakobus, die Zunge ist „das unruhige Übel, voll tödlichen Giftes“ (Jakobus 3,8). „Die Zunge kann kein Mensch zähmen“, meint er auch (ebenda), doch genau das müssen wir tun, wenn wir vollkommen sein wollen: „Wer sich aber im Wort nicht verfehlt, der ist ein vollkommener Mann und kann auch den ganzen Leib im Zaum halten“ (Jakobus 3,2).
Wie sollen wir unsere Worte kontrollieren, wenn selbst Gott sagt, es sei unmöglich, die Zunge im Zaum zu halten? Daraus können wir schließen, dass es für uns Menschen unmöglich ist, aus eigener Kraft heraus die Zunge im Zaum zu halten. Aber mit Gott ist es doch möglich.
Wir beginnen damit, dass wir die Ermahnungen der Heiligen Schrift in Bezug auf die Zunge zu Herzen nehmen. Sprüche 15, Vers 1 gibt uns einen guten Rat: „Eine linde Antwort stillt den Zorn; aber ein hartes Wort erregt Grimm.“
Wie oft haben wir auf eine zornige bzw. aggressive Anrede in ähnlicher Weise reagiert und damit eine bereits schlechte Situation verschlimmert? In solchen Fällen lassen wir uns oft von unseren Gefühlen übermannen und wir antworten ebenfalls im Zorn. Damit verschlimmern wir jedoch manchen Streit. Dabei wäre es oft besser, wenn wir einfach den Mund halten würden. Wenn wir jemandem mit Zorn begegnen, schlägt uns auch Zorn entgegen. Deshalb sollen wir in unseren Beziehungen zu anderen nicht streitlustig sein, sondern als Friedensstifter auftreten. Salomo ermahnt uns. „Sei nicht schnell, dich zu ärgern; denn Ärger ruht im Herzen des Toren“ (Prediger 7,9). Und: „Ein Narr lässt seinem Zorn freien Lauf, aber ein Weiser hält ihn zurück“ (Sprüche 29,11; „Neues Leben“-Übersetzung).
Den meisten von uns sind schon mal Worte herausgeplatzt, von denen wir wünschen, wir könnten diese zurücknehmen. Manche Situation könnte verbessert werden, nicht mit dem, was wir sagen, sondern mit dem, was wir nicht sagen. In den Sprüchen lesen wir: „Ein Vernünftiger mäßigt seine Rede, und ein verständiger Mann wird nicht hitzig. Auch ein Tor, wenn er schwiege, würde für weise gehalten und für verständig, wenn er den Mund hielte“ (Sprüche 17,27-28).
Dann gibt es die Menschen, die meinen, sie müssen ihrem Gesprächspartner immer auf schonungslose Weise die Wahrheit – jedenfalls wie sie sie sehen – über ihn mitteilen. Doch in Sprüche 12, Vers 18 sagt uns König Salomo Folgendes: „Wer unvorsichtig herausfährt mit Worten, sticht wie ein Schwert; aber die Zunge der Weisen bringt Heilung.“ In Sprüche 15, Vers 28 lesen wir: „Das Herz des Gerechten bedenkt, was zu antworten ist; aber der Mund der Gottlosen schäumt Böses.“
Es hilft niemandem, wenn wir sagen: „Davor habe ich Dich ja schon vorher gewarnt. Siehst Du, ich hatte recht!“ Dies ist der Gegensatz. Der Mensch sucht in der Regel Fehler nur bei den anderen. Wer Fehler sucht, findet auch welche, denn wer von uns ist ohne Fehler?
Worte der Ermunterung
Verstehen wir, wie groß die Wirkung unserer Worte auf unsere Mitmenschen sein kann? Nicht umsonst sagt uns die Bibel, dass Leben und Tod in der Gewalt der Zunge stehen (Sprüche 18,21).
Mit unserer Zunge sollen wir unseren Nächsten positiv beeinflussen. Dazu lesen wir in Sprüche 16, Verse 23-24: „Des Weisen Herz redet klug und mehrt auf seinen Lippen die Lehre. Freundliche Reden sind Honigseim, trösten die Seele und erfrischen die Gebeine.“ Und: „Eine linde Zunge ist ein Baum des Lebens“ (Sprüche 15,4).
Unsere Worte sollen andere ermuntern. Wenn andere Probleme haben, sollen wir sie ermutigen. Ermutigung wirkt wie „ein Baum des Lebens“. Der andere fühlt sich besser, sieht seine Lage vielleicht nicht so negativ. Damit können wir ihr helfen. Es ist noch keiner durchgedreht, weil man ihm etwas Erbauendes gesagt hat.
Es gibt ein kleines Experiment, mit dessen Hilfe wir sehen können, ob bei unseren Worten positive Aussagen überwiegen. Führen wir einfach täglich Buch über unsere Worte. Jedes Mal, wenn wir etwas Negatives äußern, sollten wir das notieren. Doch auch wenn wir etwas Positives sagen, sollten wir das notieren. Am Ende des Tages können wir dann nachsehen und feststellen, ob die negativen oder positiven Worte überwiegen.
Dieses Experiment gibt uns auch Anlass, über die Motive für unsere Worte nachzudenken. Wir kommunizieren täglich mit Menschen, aber wie oft nehmen wir uns die Zeit, um unsere Worte etwas genauer unter die Lupe zu nehmen und zu analysieren? Es schadet uns nicht, wenn wir mehr darüber nachdenken, wie wir mit unseren Mitmenschen reden und sie dadurch behandeln.
Nicht nur die Worte, die wir mit anderen austauschen, sind wichtig, sondern auch die Worte, die wir über andere reden. Auch in diesen Worten steht die Gewalt der Zunge. Bevor wir irgendetwas über eine andere Person sagen, sollten wir uns die Frage stellen, ob wir unsere Äußerung auch im Beisein der betroffenen Person von uns geben würden.
Wenn wir die Frage nicht bejahen können, kann es gut sein, dass die Worte, die wir über diese Person in deren Abwesenheit sagen wollen, für sie nicht gerade heilsam sind. Mit anderen Worten sollen wir nichts über jemanden sagen, das wir nicht gewillt sind, der betreffenden Person auch direkt ins Gesicht zu sagen. Selbst dann gelten aber die Fragen, die wir in diesem Artikel bereits behandelt haben: „Wird dadurch, dass ich dies sagte, etwas Gutes bewirkt? Wird es hilfreich sein? Wird es wirklich von Nutzen sein?“
Sie und ich verfügen über ein Organ, in dem ein großes Potenzial für Gutes, aber auch für Böses steckt: die Zunge. Die Frage ist: Wie gehen wir damit um? Nutzen wir unsere Zunge in echter Liebe für Worte der Freundschaft, Ermutigung und Lebensrettung?
Was wir mit unserer Zunge sagen, sind nicht nur Worte ohne Bedeutung. Es sind Worte, mit denen wir unsere Mitmenschen aufbauen, aber auch niederreißen können. Die Worte, die wir an andere richten, sollen Worte sein, die wir selbst gern hören würden: „Und wie ihr wollt, dass euch die Leute tun sollen, so tut ihnen auch!“ (Lukas 6,31).
Dem Beispiel Jesu Christi folgend können wir mit Gottes Hilfe Worte reden, die unseren Mitmenschen dienen. Wie fangen wir damit an? Mit Gebet! „Herr, behüte meinen Mund und bewahre meine Lippen“ (Psalm 141,3).