Was verstehen Sie unter dem Begriff Meditation? Hat Meditation für Sie einen exotischen Beigeschmack, oder sehen Sie darin ein geistliches Werkzeug für Christen?
Von Paul Kieffer
Was fällt Ihnen zum Wort Meditation ein? Bei manchen Menschen ruft dieses Wort Gedanken an Yoga, kosmisches Bewußtsein, Zen, Mantra oder Maharishi hervor. Für einige bedeutet Meditation eine Art geistige Gymnastik, zurückzuführen auf Sitzungen in tiefer Konzentration, wobei die Augen geschlossen, die Beine übereinander gekreuzt und die Hände gefaltet sind. Für andere kann es eine Zeit religiösen Nachsinnens sein, in der man sehr leicht in den Schlaf fallen kann. Sind solche sporadischen Gelegenheiten wirklich das, was man in der Bibel zum Thema Meditation finden kann? Wie beschreibt die Bibel die geistliche Meditation? Welchem Zweck dient sie?
Israels König David schrieb, daß er Tag und Nacht über das Gesetz nachdachte (Psalm 1,2). Für ihn war Meditation nicht eine kurze Zeitspanne von ca. 20 Minuten oder ein gelegentlicher Spaziergang in der Natur. In seinem Wandel mit Gott war die Meditation ein kontinuierlicher Prozeß.
David war ein gutes Beispiel der Anweisung Gottes, die wir in Josua 1, Vers 8 finden: „Laß das Buch dieses Gesetzes nicht von deinem Munde kommen, sondern betrachte es Tag und Nacht, daß du hältst und tust in allen Dingen nach dem, was darin geschrieben steht. Dann wird es dir auf deinen Wegen gelingen, und du wirst es recht ausrichten.“ David schrieb diesbezüglich: „Wie habe ich dein Gesetz so lieb! Täglich sinne ich ihm nach“ (Psalm 119,97).
Was bedeutet Meditation in der Bibel? Ganz einfach „darüber nachdenken“. Worüber denken Sie nach? Was steht im Mittelpunkt Ihrer Gedanken? Wenn Ihr Gehirn arbeitet, denken Sie! Die Frage ist – woran denken Sie, worüber sinnen Sie nach?
Uns Menschen fällt es in der Regel nicht so schwer, über die falschen Dinge zu meditieren – über sie nachzusinnen. David erkannte dieses Potential und bat Gott um Hilfe: „Laß dir wohlgefallen die Rede meines Mundes und das Gespräch meines Herzens vor dir, Herr, mein Fels und mein Erlöser“ (Psalm 19,15). „Erforsche mich, Gott, und erkenne mein Herz; prüfe mich und erkenne, wie ich’s meine. Und sieh, ob ich auf bösem Wege bin, und leite mich auf ewigem Weg“ (Psalm 139,23-24).
Eine Zeit für klare Gedanken
Wie würden wir reagieren, wenn andere Menschen unsere Gedanken lesen könnten? Zum Glück ist das nicht möglich, sonst wären wir vielleicht den Tränen nahe! Vor Gott können wir unsere Gedanken jedoch nicht verbergen, ob wir uns nun an ihn wenden oder nicht: „Denn der Herr erforscht alle Herzen und weiß um jeden geheimen Gedanken“ (1. Chronik 28,9, Menge-Übersetzung; alle Hervorhebungen durch uns.).
Unsere Gedanken spiegeln das wider, wie wir als Menschen wirklich sind. Jesus bestätigte dies, als er zum gleichen Problem Stellung nahm, daß aus dem Herzen arge Gedanken kommen (Matthäus 15,19).
Vor unserer Berufung waren wir alle fleischlich eingestellt: „Denn die da fleischlich sind [das ist jeder, der nicht bekehrt ist], die sind fleischlich gesinnt“ (Römer 8,5). In seinem Brief an die Philipper nennt der Apostel Paulus diejenigen, die fleischlich sind, „irdisch gesinnt“ (Philipper 3,19).
Die Bekehrung ist ein Prozeß – ein Vorgang, bei dem sich das Herz und der Verstand ändern. Und infolgedessen tritt eine Änderung der Gedanken ein, die unseren Verstand füllen. So werden wir Jesus Christus immer ähnlicher.
Durch den Propheten Jesaja stellt Gott die Gedanken des Sünders seinen Gedanken gegenüber: „Der Gottlose lasse von seinem Wege und der Übeltäter von seinen Gedanken und bekehre sich zum Herrn ... Denn meine Gedanken sind nicht eure Gedanken, und eure Wege sind nicht meine Wege ... sondern so viel der Himmel höher ist als die Erde, so sind auch meine Wege höher als eure Wege und meine Gedanken als eure Gedanken“ (Jesaja 55,7-9).
Da Christen nach und nach immer „bekehrter“ werden, denken sie mehr darüber nach – sie meditieren –, was Gott gefällt. So denken sie weniger fleischlich. Sie verabschieden sich langsam von ihrem gewohnheitsmäßigen Denken und füllen ihr Herz mit göttlichen Gedanken.
Neue Gedanken, Neuer Bund
Was ist der Unterschied zwischen dem Alten Bund, der mit dem physischen Israel gemacht wurde, und dem Neuen Bund, der mit Israel in der Welt von morgen gemacht wird? Für Christen ist es wichtig, den Unterschied zu verstehen, denn er hilft uns zu wissen, ob unsere Meditation für Gott akzeptabel ist.
Unter dem Alten Bund wurde dem Volk Israel der heilige Geist nicht angeboten. Gott forderte die Israeliten auf, sein Gesetz zu beachten: „Und diese Worte, die ich dir heute gebiete, sollst du zu Herzen nehmen“ (5. Mose 6,6). Aber es gelang ihnen nicht, ihre Gedanken beständig auf Gott und seine Wegen zu richten. Statt dessen füllten sie ihre Herzen mit Habgier (Hesekiel 33,31).
Ohne den Geist Gottes waren sie nicht in der Lage, Gottes Gesetz dem Sinn nach zu halten. Sie waren im großen und ganzen nicht bereit, dem Beispiel Davids nachzufolgen und über Gottes Gesetze nachzudenken – darüber zu meditieren.
Bei Christen soll es anders aussehen. Uns wird geboten: „Habt diese Gesinnung in euch, die auch in Christus Jesus war“ (Philipper 2,5; Elberfelder Bibel). Wie kann man dieselbe Gesinnung – die gleichen Gedanken – haben wie Jesus?
Der Apostel Paulus gibt uns die Antwort in 1. Korinther 2, Vers 11 bzw. 16: „So weiß auch niemand, was in Gott ist, als allein der Geist Gottes ... Wir aber haben Christi Sinn.“ Da wir den heiligen Geist in uns haben, steht uns auch die Möglichkeit offen, kontinuierlich die Gedanken Jesu in uns zu haben.
Alle unsere Gedanken zu allen Dingen sollen rein sein. Wir sollten alles geistlich analysieren – unsere Ziele, Art des Gebetes, Beruf, Lebensstil, Musik, Humor, Nahrung, Unterhaltung, Familie und soziales Engagement –, und zwar vom Standpunkt Gottes aus, so wie es in der Bibel steht. Das setzt beständige Anstrengung voraus. Dieser Prozeß ermöglicht uns, alle unsere Gedanken dem Willen Christi unterzuordnen (2. Korinther 10,5).
„Die Gedanken der Gerechten sind redlich“ (Sprüche 12,5). Diese Art von Meditation ist mit dem Willen Gottes vereinbar.
Prioritäten setzen
Unsere Gedanken sollen den ganzen Tag auf Gott und seine Wege gerichtet sein. Trotzdem ist es sehr wichtig, daß wir uns von Zeit zu Zeit von unserem Alltagsrhythmus losreißen und einen ruhigen Platz finden, an dem wir uns ganz besonders tiefen Gedanken hingeben können – darüber, wohin wir in unserem Leben gehen.
Unser Erzfeind Satan sorgt dafür, daß unsere heutige Gesellschaft die Menschen mit allen möglichen Dingen ablenkt. Er will nicht, daß wir uns geistlich von dem chaotischen Lärm unserer Welt freimachen. Solche Gelegenheiten sind jedoch für unser geistliches Wohlergehen sehr wichtig, damit wir uns auf dem richtigen Gleis halten können.
Man glaubt es nicht, aber sogar in Isaaks Zeiten war es nicht immer leicht, eine ruhige Minute zu finden. Um allein zu sein, ging Isaak abends auf die Felder (1. Mose 24,63).
Was geschah? Isaaks „Sinnen“ (Elberfelder Bibel) wurde von einer Gruppe von Reisenden auf Kamelen unterbrochen. (Wahrscheinlich störte sich Isaak in diesem Fall nicht an der Unterbrechung, denn seine zukünftige Braut war Teil der Reisegesellschaft!)
Zu Isaaks Zeiten mag es vielleicht nur geringfügige Schwierigkeiten bereitet haben, einen ruhigen Platz zum Nachsinnen zu finden, so ist es heute in manchen Gegenden fast unmöglich, einen Ort zu finden, wohin man sich zum Meditieren zurückziehen kann. Zu Hause sind oft auch andere Menschen um uns. Oder es stört das Bimmeln des Telefons oder das Schellen der Haustür. Oder der Fernseher des Nachbarn oder seine Stereoanlage oder sein Hund.
Die Parkplätze im Freien sind oft überfüllt – keine Möglichkeit, sich dort zurückzuziehen. Vielleicht kann man in einiger Entfernung von der Stadt einen ruhigen Platz finden, aber dabei kann wiederum viel Zeit durch die Hin- und Rückfahrt verlorengehen.
Wir müssen manchmal sehr findig sein, wenn wir einige Minuten für uns haben wollen, um unsere Gedanken zu sammeln. Ein Auto, geparkt im Schatten auf einer ruhigen Straße, kann vielleicht ein leicht erreichbarer Ort für ein kurzes persönliches Nachsinnen sein. Falls es einem gelingt, eine ruhige Straße und einen Parkplatz zu finden!
Für König David muß es auch nicht immer so einfach gewesen sein, von seinen Hofbeamten, den königlichen Dienern und den öffentlichen Aufgaben und Aktivitäten des Tages loszukommen und Ruhe und Frieden zum Meditieren zu finden. In seinen Psalmen erfahren wir, daß er oft abends eine passende Gelegenheit fand. In seiner Entschlossenheit, Gott zu dienen, opferte er vielleicht sogar den Schlaf. „Wenn ich mich zu Bette lege, so denke ich an dich, wenn ich wach liege, sinne ich über dich nach“ (Psalm 63,6). „Zürnet ihr, so sündiget nicht; redet in eurem Herzen auf eurem Lager und seid stille“, war seine Empfehlung (Psalm 4,5).
David überprüfte immer wieder seine Lebensweise. Er achtete darauf, daß er sehr schnell wieder auf den richtigen Weg zurückfand, wenn er sich bei einem Fehler ertappte: „Ich bedenke meine Wege und lenke meine Füße zu deinen Mahnungen“ (Psalm 119,59).
Ist die Tatsache, daß David sich regelmäßig Zeit nahm, um über Gott und sein Gesetz zu meditieren, einer der Gründe, warum Gott David als „einen Mann nach meinem Herzen“ bezeichnete, „der soll meinen ganzen Willen tun“ (Apostelgeschichte 13,22)?
Worüber nachdenken?
„Ich schaffe es nicht immer, negative Gedanken aus meinem Sinn fernzuhalten!“, klagen Sie vielleicht. Ist es möglich, daß Sie in einer solchen Situation das Problem verkehrt angehen? Es gibt nämlich das Prinzip, daß ein Vakuum nicht „leer“ bleibt. Das betrifft auch unsere Gedanken. Es reicht nicht aus, die schlechten Gedanken hinauszutreiben, denn so entsteht ein Vakuum (vgl. Matthäus 12,43-45). Schlechte Gedanken sollen richtigen Gedanken weichen.
Meditation ist auf geistiger Ebene das, was die Verdauung auf der physischen Ebene ist. Wenn wir uns ungesund ernähren, werden wir wohl krank werden. Wenn wir hingegen gesunde Nahrung zu uns nehmen, werden wir gekräftigt werden.
Um über Gottes Wege meditieren zu können, müssen wir sein Wort „zu uns nehmen“ – und zwar oft. Wie ist es sonst möglich, „daß [wir gedenken] an die Worte, die zuvor gesagt sind von den heiligen Propheten, und an das Gebot des Herrn und Heilandes, das verkündet ist durch eure Apostel“ (2. Petrus 3,2), wenn wir es nicht zuerst in uns aufnehmen? Das ist einfach nicht möglich!
In der Bibel finden wir viele Themen, die sich für die Meditation eignen. Dazu gehören: die Schöpfung Gottes (Psalm 8,4; 143,5) – ein besonders passendes Thema, wann immer wir die Herrlichkeit der Natur erleben; Gottes Werke in unserem Leben (Psalm 77,5-6. 11-13); Gottes Kraft (Jesaja 17,10) und sein Bund mit seinem Volk und mit uns persönlich (1. Chronik 16,15); unsere Berufung und unsere Pflichten (1. Timotheus 4,13-15); unser Hoherpriester Jesus Christus (Hebräer 3,1); Gottes Anweisungen und Gesetze (Psalm 119,48) sowie seine Wunder (Nehemia 9,17).
Fehlen Ihnen immer noch Themen für Ihre persönliche Meditation? Diese Vorschläge können eine Starthilfe sein.
Positive Ergebnisse
Über Gott und seinen Plan nachzudenken führt auf jeden Fall zu einem positiven Ergebnis. Es bringt Leben – ewiges Leben (Römer 8,6), Weisheit (Psalm 119,98-99), Kraft in der Verfolgung (Psalm 119,23-24) und Freude (Psalm 104,34). Wer seine Gedanken mit den Zielen Gottes füllt, wird davor bewahrt, wieder in die Welt zurück zu gleiten (Hebräer 11,15-16).
Der Prophet Jesaja bringt den Wert der Meditation auf einen Nenner, wenn er zu Gott ruft: „Wer festen Herzens ist, dem bewahrst du Frieden; denn er verläßt sich auf dich“ (Jesaja 26,3).