Jüdische Hoheit über Jerusalem ist eine Voraussetzung für die Erfüllung wichtiger Prophezeiungen der Bibel.
In den mehr als 1900 Jahren seit der Belagerung Jerusalems 70 n. Chr. und dem Verlust der Stadt 65 Jahre später hat manche Generation der Juden ihre Sehnsucht nach dem Heiligen Land mit dem Spruch ausgedrückt: „Nächstes Jahr in Jerusalem!“ Mit der Staatsgründung Israels 1948 wurde der alte Traum endlich wahr.
Darin sehen einige Bibelkenner die Erfüllung alttestamentlicher Prophezeiungen, wonach das Volk Israel den Besitz von seinem alten Heimatland wieder ergreifen soll. Dem Alten Testament zufolge war das „Gelobte Land“ jedoch nicht nur als Heimat für die Juden vorgesehen, sondern auch für die anderen elf Stämme Israels nach ihrem Auszug aus Ägypten. Das Buch Josua und die ersten Kapitel des Buches Richter beschreiben die Landnahme des Gebietes Kanaan durch die zwölf israelitischen Stämme, wodurch das Land nach dem Namen des Volkes umbenannt wurde: Israel.
Wie soll man die Existenz des heutigen jüdischen Staates Israel aus biblischer Sicht verstehen?
Das goldene Zeitalter Israels
Vor 3000 Jahren erlebte das Königtum Israel unter den Königen David und Salomo seine weiteste Ausdehnung im Gelobten Land. Die Bibel bedient sich einer Sprache, um dieses „goldene Zeitalter“ zu beschreiben, die sonst nur in bezug auf die tausendjährige Herrschaft des Messias auf der Erde verwendet wird: „Juda und Israel [wohnten] sicher, jeder unter seinem Weinstock und unter seinem Feigenbaum, von Dan bis Beerscheba, solange Salomo lebte“ (1. Könige 5,5).
Der später einsetzende Götzendienst der Israeliten führte zum Ende dieses goldenen Zeitalters. Nur fünf Jahre nach Salomos Tod wurde das Königtum Israel in zwei getrennte Länder aufgeteilt. Das Nordreich – das „Haus Israel“ –, das zehn der zwölf Stämme Israels umfaßte, existierte weitere 200 Jahre, bevor es von den Assyrern in Gefangenschaft verschleppt wurde. Das Schicksal der zehn Stämme, die als die „verlorenen Stämme“ Israels gelten, fasziniert Historiker seit Jahrhunderten.
Nach der Sezession des Nordreiches bildeten die zwei Stämme Benjamin und Juda im Süden des Landes Israel das „Haus Juda“, dessen Bürger in der Bibel „Juden“ genannt werden, obwohl sie in Wirklichkeit nicht alle Nachkommen des Stammes Juda waren. Mit der Zeit schloß sich das Haus Juda dem schlechten Beispiel seiner Verwandten im Norden an und praktizierte Götzendienst. Das gleiche Schicksal ereilte deshalb die „Juden“: 136 Jahre nach dem Untergang des Nordreiches wurden sie 585 v. Chr. nach Babylon deportiert.
Ca. 500 Jahre vor der Zeit Jesu kehrte ein kleiner Prozentsatz der nach Babylon verschleppten Bürger des Hauses Juda nach Jerusalem zurück. Ein zweiter Tempel wurde gebaut, der 70 n. Chr. von den Legionen des römischen Feldherrn Titus zerstört wurde. Wieder wurden viele der in Palästina lebenden Juden in die Diaspora zerstreut.
Die in Palästina verbliebenen Juden rebellierten 132-135 n. Chr. erneut gegen die römische Herrschaft. Ihre Niederlage führte zu ihrer Deportation aus dem Heiligen Land, wobei eine kleine Anzahl Juden in den nachfolgenden Jahrhunderten in Palästina seßhaft blieb.
Juden in Palästina vor der Staatsgründung Israels
Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts war die Anzahl der jüdischen Einwohner in Palästina auf 10 000 gestiegen, einschließlich 8000 Bewohner der Stadt Jerusalem. Viele waren Einwanderer aus Polen und Litauen. In den 20 Jahren nach 1882 kamen 25 000 neue Emigranten nach Israel, hauptsächlich aus Rußland. 1889 zählte die Stadt Jerusalem unter ihren Einwohnern u. a. 25 000 Juden und 14 000 Araber.
Trotz dieser Statistik waren die Juden zur Jahrhundertwende immer noch eine Minderheit im Heiligen Land. Dank der fortgesetzten Einwanderung stieg ihr Anteil stetig. Zwischen 1933 und 1936 wuchs die Zahl der Juden in Palästina von 235 000 auf fast 385 000.
Aufgrund entschlossenen arabischen Widerstands verlangsamte sich das Tempo im nächsten Jahr, aber dieser Rückschlag – und alle weiteren Rückschläge – erwiesen sich als kurzlebig. Zwischen August 1945 und Anfang 1946 kamen schätzungsweise 40 000 Juden im Geheimen nach Palästina. In den ersten sechs Monaten des Jahres 1946 kamen weitere 10 000 jüdische Einwanderer per Schiff nach Israel.
Zum Zeitpunkt der Staatsgründung Israels am 14. Mai 1948 betrug die jüdische Bevölkerung in Palästina 700 000 Personen. (Wir erwähnen diese Statistiken, um dem falschen Eindruck entgegenzuwirken, daß es vor der Staatsgründung Israels nur wenige Juden in Palästina gab.)
Trotz periodischer Bemühungen seitens der Araber und später der Briten, jüdische Einwanderung nach Israel einzudämmen, brach der Zustrom neuer Emigranten, wenn auch unter Schwankungen, nicht ab. Das gilt besonders für die Zeit unmittelbar vor und nach dem Zweiten Weltkrieg.
David Ben-Gurion, Israels erster Premierminister, verstand die Wichtigkeit einer zahlenmäßig starken jüdischen Präsenz in Palästina als kritischen Faktor für die Möglichkeit der Gründung eines jüdischen Staates. Mit bemerkenswerter Weitsicht meinte Ben-Gurion Anfang 1935: „Das Desaster, das die deutschen Juden befallen hat, beschränkt sich nicht allein auf Deutschland. Hitlers Regime gefährdet das ganze jüdische Volk ... und kann nicht lange überleben, ohne einen Rachefeldzug gegen Frankreich, Polen, die Tschechoslowakei ... und vielleicht gegen Sowjetrußland [zu führen]. Wer weiß es – vielleicht trennen uns weniger als vier oder fünf Jahre von jenem schrecklichen Tag ...
In dieser Zeit müssen wir unsere Zahl [im Heiligen Land] verdoppeln, denn die Größe der jüdischen Bevölkerung an jenem Tag mag unser Schicksal bei den Nachkriegsverhandlungen entscheiden“ (zitiert von Noah Lucas in Modern History of Israel, 1975, Seite 148; alle Hervorhebungen in diesem Artikel durch uns). Den Grundstein für eine massive Emigration in den Jahren vor der Staatsgründung Israels hatte man mit dieser Vorgehensweise gelegt.
Theodor Herzl, zionistischer Pionier
Theodor Herzl, Pariser Korrespondent einer prominenten Wiener Zeitung in den letzten Jahren des 19. Jahrhunderts, war ursprünglich der Überzeugung, daß die Juden ihre Probleme durch die allmähliche Angleichung an ihr nichtjüdisches Umfeld lösen sollten. Trotz seiner jüdischen Herkunft leugnete Herzl 1892 sogar den Antisemitismus in der französischen Gesellschaft mit der Erklärung, daß „dem französischen Volk der Antisemitismus fremd ist und es dafür kein Verständnis hat“ (zitiert von Conor Cruise O’Brien in The Siege, 1986, Seite 65).
Seine Erfahrung als Korrespondent 1895 beim Prozeß gegen den französischen Militäroffizier Alfred Dreyfus, einen Juden, veränderte Herzls Perspektive radikal. Dreyfus wurde beschuldigt, dem Erzfeind Deutschland wichtige Militärdokumente zugespielt zu haben. Seine dubiose Verurteilung, die auf Falschaussagen beruhte, und die Verbannung auf die „Teufelsinsel“ waren eine Farce. Herzl faßte den juristisch nicht tragbaren Rechtsspruch als eine Verurteilung der ganzen jüdischen Bevölkerung auf, zumal die an dem Prozeß interessierten Beobachter kein Hehl aus ihrer antisemitischen Haltung machten.
Dieses Erlebnis bewegte Herzl derart, daß er 1896 seine Schrift „Der Judenstaat“ verfaßte. In dem nur 86seitigen Werk legte er seine Lösung der Problematik der Stellung der Juden in der Gesellschaft dar. Er formulierte seine Forderung in klaren Worten: „Wenn es den Juden unmöglich gemacht wird, sich innerhalb anderer Nationen zu verwirklichen, so müssen sie die Errichtung eines eigenen Nationalstaates anstreben, um Gleiche unter Gleichen zu sein.“ Interessant ist, daß Herzl Palästina anfangs als nur eines von drei möglichen Gebieten für den Judenstaat sah. Für ihn kamen auch Argentinien und Uganda in Betracht. Daran erkennt man, daß Herzl zunächst die streng orthodoxe Sichtweise, wonach einzig Palästina – als das Ursprungsland der Juden – in Frage kam, nicht angenommen hatte.
O’Brien kommentiert: „Die Zionisten hatten Recht in der Sache, die am wichtigsten war. Sie ahnten, daß die Juden Europas in ernster Gefahr waren ... Als Hitler erst sechs Jahre alt war, erkannte Herzl bereits die Notwendigkeit eines massiven Exodus der europäischen Juden“ (Seite 315).
Ende August 1897 berief Theodor Herzl den ersten zionistischen Weltkongreß in Basel mit dem Ziel ein, einen jüdischen Staat zu etablieren. Der britische Historiker Martin Gilbert zitiert den Eintrag vom 3. September 1897 aus Herzls Tagebuch: „Fasse ich den Baseler Kongreß in einem Wort zusammen – das ich mich hüten werde, öffentlich auszusprechen –, so ist es dieses: In Basel habe ich den Judenstaat gegründet. Wenn ich das heute laut sagte, würde mir ein universelles Gelächter antworten. Vielleicht in fünf Jahren, auf jeden Fall in 50 Jahren wird es jeder einsehen“ (Israel: A History, 1998, Seite 15).
Tatsächlich wurden es 51 Jahre. Zionistische Juden wie Herzl und Chaim Weizmann, ein aus Rußland stammender Chemiker mit Wohnsitz in Manchester, trugen so zur Errettung europäischer Juden vor dem kommenden Holocaust bei. Teilweise aufgrund ihrer Arbeit „lebten bei der neuen Staatsgründung mehr als 700 000 Juden in Israel“ (The Siege, Seite 315).
Wendepunkt: Die Balfour-Deklaration
Herzl starb im jungen Alter von 44 Jahren und überließ Weizmann die Aufgabe, die Idee eines jüdischen Staates voranzubringen. Weizmann, der spätere erste Staatspräsident Israels, setzte sich unermüdlich für dieses Ziel ein. Ihm sicherte 1917 der britische Außenminister Sir Arthur Balfour die Unterstützung Großbritanniens für den Judenstaat zu.
In der sogenannten Balfour-Deklaration stellte die britische Regierung wohlwollend fest: „Die Regierung Seiner Majestät betrachtet mit Wohlwollen die Errichtung einer nationalen Heimstätte für das jüdische Volk in Palästina und wird ihr Bestes tun, die Erreichung dieses Zieles zu erleichtern, wobei, wohlverstanden, nichts geschehen soll, was die bürgerlichen und religiösen Rechte der bestehenden nichtjüdischen Gemeinschaften in Palästina bzw. die Rechte und den politischen Status der Juden in anderen Ländern in Frage stellen könnte“ (2. November 1917).
Anfang Dezember 1917, nur einen Monat nach der Balfour-Deklaration, vertrieb die britische Armee die Türken aus Jerusalem. Theoretisch hätten die Briten ihre Absichtserklärung sofort umsetzen können. In Erwartung dessen verließen bereits die ersten Juden Europa in Richtung Palästina. Als die Staatsgründung Israels auf sich warten ließ, verschärfte sich die Notwendigkeit der Emigration aus Europa aus einem anderen Grund: der Aufstieg der Nazis in Deutschland.
Obwohl 250 000 deutsche Juden Zuflucht im Ausland fanden, befanden sich diejenigen, die vor dem Zweiten Weltkrieg nach anderen europäischen Ländern im kontinentalen Europa ausgewandert waren, bald wieder in den Händen der Nazis – wie David Ben-Gurion es bereits 1935 vorausgesagt hatte. Hitlers Armeen überrollten Europa, und viele dieser Juden landeten in Auschwitz und den anderen Konzentrationslagern.
Ein Meilenstein in der Geschichte
Nach dem Zweiten Weltkrieg begünstigte die allgemeine Bestürzung über den Holocaust die Gründung eines jüdischen Staates. Trotz der zögerlichen Haltung der britischen Labour-Regierung bei der Durchführung der Balfour-Deklaration, setzte sich US-Präsident Harry Truman in den entscheidenden Phasen für Israel ein und ermöglichte so die letzten Schritte auf dem Weg zur Staatsgründung.
Chaim Weizmann trug maßgeblich zur Überzeugung des amerikanischen Präsidenten bei. In seiner Autobiographie schrieb Truman später über Weizmann: „Durch viele Enttäuschungen war er geduldig und weise geworden“ (Years of Trial and Hope, 1965). Einmal überzeugt, manövrierte Präsident Truman die Opposition aus und wirkte hinter den Kulissen, um die Abstimmung in den Vereinten Nationen zugunsten Israels zu beeinflussen.
Im Rückblick scheint manchen die gelungene Staatsgründung Israels fast wie ein Wunder zu sein. Dazu nochmals Martin Gilbert: „Herzls Ruf nach einem jüdischen Staat schien zu grandios, durch türkischen und arabischen Widerstand vor Ort zu kompliziert und angesichts der Stellung der Juden in der Gesellschaft zu ehrgeizig zu sein, um mehr als nur ein außergewöhnlicher Traum, eine Exzentrizität zu sein“ (Israel: A History, Seite 13).
In Wirklichkeit gelang den Juden die Staatsgründung Israels im Heiligen Land trotz entschlossenen Widerstandes – manchmal auch seitens einflußreicher Juden – nur deshalb, weil die Bibel in verschiedenen Prophezeiungen eine jüdische Präsenz in Jerusalem in der Zeit vor der Wiederkehr des Messias voraussagt. Diese Präsenz ist die Voraussetzung für die Erfüllung weiterer Prophezeiungen, die mit Jerusalem zu tun haben.
Die biblische Dimension der Staatsgründung Israels
Das Überleben des jüdischen Volkes und seiner Kultur in der Zeit seit 70 n. Chr. ist bemerkenswert. Nach der Staatsgründung Israels beteten die Juden an der damals als „Klagemauer“ bekannten massiven Stützmauer, die Herodes der Große zum Abstützen des großen Areals, auf dem der zweite Tempel stand, bauen ließ. An dieser Mauer, heute Westmauer genannt, beklagen manche Juden immer noch den Verlust ihres Tempels und beten dafür, daß er wieder aufgebaut werden kann.
In den ersten Jahren der Existenz des modernen Staates Israel schien dieses Gebet nur ein unerfüllbarer Traum zu sein. Der Staat Israel besaß die Hoheit nur über West-Jerusalem, und die arabischen Länder hatten ihre Entschlossenheit bekundet, eine Ausdehnung dieser Hoheit auf ganz Jerusalem verhindern zu wollen.
Der Sechstagekrieg im Juni 1967 veränderte die Lage entscheidend. Israelische Fallschirmjäger landeten auf dem Tempelberg und schlugen die jordanischen Verteidiger in die Flucht. So gelangte der moderne Staat Israel in den Besitz der antiken Hauptstadt des ganzen israelitischen Volkes.
Zur Zeit sind die Muslime für den Tempelberg verantwortlich. In seiner letzten großen Prophezeiung vor seiner Kreuzigung beschrieb Jesus Christus jedoch Umstände, die eine jüdische Kontrolle über den Tempelberg andeuten. Er sagte nämlich eine Entweihung „der heiligen Stätte“ in Jerusalem voraus: „Wenn ihr nun sehen werdet das Greuelbild der Verwüstung stehen an der heiligen Stätte, wovon gesagt ist durch den Propheten Daniel ..., alsdann fliehe auf die Berge, wer in Judäa ist“ (Matthäus 24,15-16).
Der alttestamentliche Prophet Daniel hatte geschrieben: „Und von der Zeit an, da das tägliche Opfer abgeschafft und das Greuelbild der Verwüstung aufgestellt wird, sind tausendzweihundertneunzig Tage“ (Daniel 12,11). Es gab eine vorläufige Erfüllung dieser Prophezeiung 167 v. Chr., als der syrische Herrscher Antiochus Epiphanes Juda überfiel, das tägliche Opfer am Tempel verbot und Schweine auf dem Altar opferte.
Jesu Christi Worte ca. 200 Jahre später weisen auf eine Wiederholung dieser Prophezeiung in der Zeit unmittelbar vor seiner verheißenen Wiederkehr hin. Der Kontext der Vorhersage Daniels gilt „der Zeit des Endes“ (Daniel 12,4; Elberfelder Bibel). Voraussetzung für die Erfüllung der Prophezeiung Daniels ist die Wiedereinführung von Ritualopfern. Dies scheint dazu zu führen, „daß Jerusalem von einem Heer belagert wird“ (Lukas 21,20) und die Opferrituale gestoppt werden. Wird das die Antwort der arabischen Länder auf die Besetzung des Tempelbergs durch Israel sein?
Manchem Leser der Zeitschrift Gute Nachrichten mag diese Zukunftsprognose aberwitzig erscheinen. Bedenken Sie aber, daß vor 100 Jahren die Gründung eines jüdischen Staates ausgerechnet in Palästina „nur ein außergewöhnlicher Traum, eine Exzentrizität zu sein“ schien. Auch nach der Staatsgründung Israels schien eine jüdische Präsenz in Ost-Jerusalem ausgeschlossen zu sein. Fazit: Die Prophezeiungen der Bibel bestimmen, wie sich die bemerkenswerte Geschichte des Staates Israel in Zukunft gestalten wird!