Vor fast 150 Jahren löste Charles Darwins Die Entstehung der Arten eine theologische, philosophische und wissenschaftliche Revolution aus. Im Westen kennt fast jeder die Grundaussage der Evolutionstheorie, aber nur wenige kennen den Mann und die Motive, die den Hintergrund dafür bilden.
Von Mario Seiglie
Im nächsten Jahr treffen zwei interessante historische Jahrestage aufeinander: das 200. Jubiläum der Geburt von Charles Darwin (er wurde am 12. Februar 1809 geboren) sowie das 150. Jubiläum der (im Jahre 1859 erfolgten) Veröffentlichung von Darwins Die Entstehung der Arten. Sicherlich wird man nächstes Jahr dieses einflussreichen Naturforschers gedenken.
Heute ist der Einfluss von Charles Darwin unübersehbar. Die meisten Wissenschaftsbereiche und die philosophischen Perspektiven, die im Bildungswesen und in den Massenmedien dargestellt werden, sind von Ideen aus der darwinschen Evolution durchdrungen. Vor Kurzem hat zum Beispiel ein amerikanischer Fernsehkanal, der sich wissenschaftlichen Themen widmet, die 100 größten wissenschaftlichen Entdeckungen aller Zeiten aufgelistet. Dabei stellte sich Darwins Evolutionstheorie groß als die Nummer eins heraus.
Wer war eigentlich Charles Darwin? Warum hatte seine Evolutionstheorie eine solch starke Wirkung? Und noch wichtiger: Ist das, was er vorgeschlagen hat, wirklich wahr?
Über den Mann wurde viel geschrieben. Aber zwei Bücher (von Evolutionsbefürwortern verfasst) haben sein Leben umfangreich dargestellt: Darwin von Adrian Desmond und James Moore (List-Verlag, München) und das zweibändige Werk Darwin: The Power of Place (2002) der Harvardprofessorin Janet Browne. Neben diesen beiden Biografien Darwins gibt es auch noch Darwins eigene AutoBiografie.
Darwins frühe Lebensjahre
Zwei der einflussreichsten Menschen in Darwins frühem Leben waren sein Vater Robert und sein berühmter Großvater Erasmus. Erasmus starb zwar, bevor Charles geboren wurde, aber Charles’ Vater stellte sicher, dass Charles die Schriften seines Großvaters, die sich mit der Evolution befassten, kannte.
Erasmus schrieb ein Buch, Zoonomia, das viele evolutionäre Konzepte enthielt, die Charles später übernehmen sollte. Erasmus und sein Sohn Robert waren entschieden antichristlich eingestellt, wobei sie vorsichtig darauf achteten, ihre Ideen vor der Öffentlichkeit zu verbergen. „Der Name Darwin“, schrieben Desmond und Moore, „wurde bereits mit subversivem Atheismus in Verbindung gebracht. Dr. Robert selbst war im stillen Kämmerlein ein Freidenker“ (Seite 12).
Charles Darwin hat am Ende das Christentum teilweise auch deshalb abgelehnt, weil er das Schicksal, das dieses seinem Verständnis nach für seinen Großvater, Vater, älteren Bruder und sogar für ihn selbst bestimmt hatte, nicht akzeptieren konnte. Er schrieb in seiner AutoBiografie: „Der Unglaube ist so auf sehr langsame Weise über mich gekommen, aber am Ende war er vollkommen. Dies verlief auf so langsame Art und Weise, dass ich nicht darunter gelitten habe. Ich habe niemals auch nur eine einzige Sekunde lang daran gezweifelt, dass meine Schlussfolgerung richtig war.
Ich kann mir in der Tat kaum vorstellen, wie sich irgendjemand wünschen könnte, dass das Christentum wahr wäre; denn wenn es wahr wäre, dann wird in dem Text scheinbar in klarer Sprache aufgezeigt, dass Menschen, die nicht gläubig sind – und das würde meinen Vater, Bruder und fast alle meine besten Freunde einschließen –, für immer bestraft werden. Und das ist eine verdammenswerte Lehre.“
Leider ist Darwin von einer falschen, aber weitverbreiteten und geglaubten Sicht der christlichen Lehre beeinflusst worden. (Wenn Sie mehr darüber wissen wollen, was die Bibel wirklich zu diesem Thema lehrt, dann können Sie unsere kostenlose Broschüre Nach dem Tode – Was dann? bestellen oder als PDF-Datei von unserer Webseite herunterladen.)
Darwins Mutter starb tragischerweise, als er acht Jahre alt war. Er folgte den lockeren und freidenkerischen Wegen seines Vaters und verstorbenen Großvaters. Er schrieb in seiner AutoBiografie: „Ich möchte an dieser Stelle auch gestehen, dass ich als kleiner Junge stark dazu neigte, absichtlich Unwahrheiten zu erfinden und dies immer tat, um eine gewisse Aufregung zu bewirken“ (alle Hervorhebungen durch uns).
„Er wollte immer auf sich aufmerksam machen; er wollte gelobt werden“, fügen Desmond und Moore hinzu. „Er tat in der Schule ,wegen der reinen Freude daran, Aufmerksamkeit und Überraschungen zu bewirken‘, praktisch alles, und seine kultivierten ,Lügen‘ . . . bereiteten [ihm] Freude, wie bei einer Tragödie. Er erzählte Lügengeschichten im Bereich der Naturkunde . . . Einmal erfand er eine komplizierte Geschichte, die zeigen sollte, wie sehr ihm daran gelegen war, die Wahrheit zu sagen. Es war für einen Jungen der Weg, die Welt zu manipulieren“ (Seite 13).
„Er erzählte oft Lügen über seltene Vögel“, fügt Janet Browne hinzu. „Mit diesen Lügen ging kein irgendwie geartetes Gefühl der Scham einher . . . Sie spiegelten eher eine Suche nach Aufmerksamkeit wider. Er wollte bewundert werden . . . Lügen – und der Nervenkitzel, der damit einherging – waren für ihn von den Freuden der Naturkunde nicht zu unterscheiden“ (Charles Darwin: Voyaging, Seite 13-14).
Wie wir noch sehen werden, sollten sich diese Tendenzen zu schlauen, aber unbegründeten Geschichten und eine Vorliebe zum Verbergen von Geheimnissen leider auch später in seinem Erwachsenenleben auswirken. Wie ein Biograf anmerkte: „Die Ursprünge der Theorie der natürlichen Selektion werden immer von einem unausweichlichen Geheimnis umhüllt sein, genauso wie immer ein schattenhaftes Gespinst den wahren Charles Darwin umgeben wird“ (Loren Eiseley, Darwin and the Mysterious Mr. X, 1979, Seite 93).
Darwin war kein sehr guter Schüler. Er hat sein Medizinstudium abgebrochen, nur um von seinem reichen Vater gerettet und nach Cambridge gesandt zu werden, in der Hoffnung, dass er es dort zu etwas bringen würde.
Darwin gestand in seiner AutoBiografie: „Als ich die Schule verließ, war ich für mein Alter weder hoch- noch tiefstehend; und ich glaube, dass ich von all meinen Lehrern und meinem Vater als ein sehr gewöhnlicher Junge angesehen wurde, dessen Intellekt eher unterhalb des üblichen Standards lag. Ich empfand es als tiefe Kränkung, als mein Vater mir einmal sagte: ,Du interessierst dich für nichts als Schießen, Hunde und Rattenfangen. Du wirst dir einmal selbst und deiner ganzen Familie zur Unehre gereichen.‘ “
Auf der Beagle um die Welt
Sein Vater hielt es, obwohl er innerlich das Christentum ablehnte, für das Beste für seinen undisziplinierten und übermütigen Sohn, wenn dieser seinen Lebensunterhalt als ländlicher Pfarrer verdienen würde. So hätte er dann in aller Ruhe seinen Interessen im Bereich der Naturkunde nachgehen können.
Darwin hat sogar seinen Theologieabschluss erhalten und eine Zeit lang die Bibel angenommen. Bevor er aber eine Anstellung als Geistlicher finden konnte, wurde ihm eine Koje auf dem britischen Schiff HMS Beagle angeboten, wo er Gast bei den Kapitänsmahlzeiten sein sollte. Er war nicht als Naturforscher an Bord. Diese Aufgabe fiel dem Schiffsarzt zu. Diese fünf Jahre einer Reise um die Welt sollten sein Leben und seine Glaubensvorstellungen auf radikale Weise verändern.
Danach prägten vier wichtige Erfahrungen Darwins Zukunft. Als Erstes war da die Reise selbst – er entwickelte eine Bewunderung und Liebe für die Naturkunde und Geologie, die ihn sein Leben lang begleiten sollte. Als Zweites rebellierte er gegen die engstirnige Auffassung des Christentums seines Schiffskapitäns Robert FitzRoy.
Als Drittes las er Charles Lyells Buch über Geologie, das behauptete, die Erde sei Millionen von Jahren alt, was seinen Glauben an die Bibel erschütterte und ihm jeden Wunsch nahm, in einem geistlichen Amt Karriere zu machen. Und viertens war er erstaunt über die große Vielfalt an Geschöpfen, denen er begegnete, vor allem auf den Galapagosinseln. Er fragte sich, wie diese unterschiedlichen Arten mit den üblichen Schöpfungsberichten seiner Zeit zu vereinbaren waren.
Nach seiner Rückkehr nach England war er von der langen und gefährlichen Reise erschöpft. Er schwor sich, nie wieder eine Segelschiffsreise zu unternehmen. Danach verbrachte er den größten Teil seines Lebens in der Umgebung seines Landsitzes in Downe und im etwa 25 km entfernten London.
Im Alter von 29 Jahren heiratete er seine Cousine Emma. Es sah so aus, als würde er einfach zu einem weiteren britischen Gutsbesitzer werden, der bequem von dem Vermögen seines Vaters lebte, umgeben von einer Schar von Köchen, Dienstmädchen, Hausdienern und Gärtnern. Er hatte nie eine echte Anstellung von irgendjemandem erhalten und besaß all den Reichtum und die Freizeit, die er benötigte, um seinen speziellen Interessen nachzugehen.
Widersprüchliche Ideen zur natürlichen Zuchtwahl
Darwin widmete sein Leben dem Studium der Natur und war fest entschlossen, sich einen Namen als Naturforscher zu machen.
Als er Thomas Malthus’ Buch Essay on the Principle of Population las, war er von der Ähnlichkeit zwischen dem Wettstreit des Menschen um begrenzte Ressourcen und dem beständigen Überlebenskampf in der Natur beeindruckt. Hier sah er eine mögliche Grundlage für die Evolution – die natürliche Zuchtwahl, das Überleben des Stärksten. „Hier fand ich zuletzt eine Theorie, mit der ich arbeiten konnte“, schrieb er.
Nach Darwins Vorstellung würden zufällige genetische Mutationen einem Teil der Nachkommenschaft physische Vorteile über andere einräumen. Diese überlegeneren Lebewesen würden ihre Mitstreiter im Ringen mit den Umweltbedingungen und miteinander überleben und so in die Lage versetzt werden, sich in größerer Zahl fortzupflanzen. Ihre genetischen Vorteile würden sie an die Nachfolgegeneration vererben. Darwin stellte sich vor, dass dies im Laufe vieler Generationen zum Aufkommen einer völlig neuen Art führen könnte – und das würde dann die Vielfalt an pflanzlichem und tierischem Leben, das wir um uns sehen, erklären können.
Als er über die Evolution, die damals Transmutation oder Umwandlung genannt wurde, nachdachte, begann Darwin die Notwendigkeit für einen Schöpfergott in Frage zu stellen. Er begann, geheime Notizbücher zum Thema anzufertigen, weil er sich davor fürchtete, seine radikalen Ideen bekannt zu machen. Als ländlicher Gutsbesitzer, mit einer christlichen Frau und vielen christlichen Freunden, wollte er seine ketzerischen Gedanken für sich behalten. Er sagte, sie vermittelten ihm das Gefühl, als würde er „einen Mord zu gestehen“ haben.
Also hat er seine Ideen auf geschickte Weise verschleiert und viele Euphemismen benutzt. „Er begann damit, Wege zu entwickeln, mit denen er seinen Materialismus tarnen konnte“, sagen Desmond und Moore. „ ,Erwähne es nicht‘, ermahnte er sich selbst, ,rede nur von ererbtem verstandesmäßigem Verhalten‘ . . . Er lernte seine Worte zu schützen“ (Seite 259).
In seinen geheimen Notizbüchern war er aber offen genug, um sich selbst zu schelten: „O Materialist!“ In der Terminologie seiner Zeit bedeutete das jemand, der glaubte, dass nur Materie im Universum existierte und dass dieses rein materielle Universum durch physische Gesetze regiert wird, ohne dass dafür ein Schöpfer notwendig wäre.
In seinem Bemühen, ein äußerlich respektables Leben zu führen, wurde sein Gewissen durch seine schockierenden Überzeugungen gequält. „Mittlerweile, tief in seiner heimlichen Arbeit verstrickt“, fahren Desmond und Moor fort, „Notizen sammelnd, die seine geologischen Kollegen schockieren würden, begann seine Gesundheit zu versagen. Er lebte ein Doppelleben mit einer Doppelmoral. Es war ihm nicht möglich, seine Arbeit zu den Arten irgendjemandem . . . mitzuteilen, aus Angst, als unverantwortlich, ungläubig oder noch Schlimmeres gebrandmarkt zu werden“ (Seite 233).
Zwei Todesfälle in der Familie
Als Nächstes erlebte er zwei niederschmetternde Schicksalsschläge in seiner jungen Familie. Laut seiner Biografin Janet Browne hat der Tod seiner geliebten Tochter Annie im Alter von zehn Jahren und ein Jahr später der Tod seines erstgeborenen Sohnes William bei ihm große Bitterkeit Gott gegenüber ausgelöst. „Dieser Tod war der formale Anfang von Darwins bewusster Loslösung von einem Glauben an die traditionelle Gestalt Gottes . . . Eine Trostlosigkeit nahm Gestalt an. Die allmähliche Betäubung seiner religiösen Gefühle . . . und die gottlose Welt der natürlichen Auslese, die er zu diesem Zeitpunkt erst noch am Erschaffen war, begann unerbittlich persönlich auf die Leere seiner Trauer zu stoßen“ (Seite 503).
Ironischerweise könnten hier manche auch anmerken, dass Darwin aufgrund der genetischen Gefahren der Inzucht das Opfer seiner eigenen Theorie der natürlichen Auslese geworden war.
1839 hatte er seine Cousine ersten Grades Emma geheiratet. Beide Familien hatten sich durch die Heirat von Cousins ersten Grades seit einiger Zeit vermischt, was einen gefährlichen Trend im Hinblick auf das Erbgut darstellt. Sechsundzwanzig Kinder wurden durch diese Ehen unter Cousins ersten Grades geboren. Neunzehn von ihnen waren unfruchtbar und fünf starben eines frühzeitigen Todes, Darwins Tochter und sein erstgeborener Sohn eingeschlossen. Viele litten unter geistiger Behinderung und anderen Erbkrankheiten, wie auch im Falle seines letztgeborenen Sohnes. All diese Auswirkungen bewirkten eine große Feindseligkeit gegen die Vorstellung von einem persönlichen Gott, der ins menschliche Leben eingreift.
„Ein Kaplan des Teufels“
Darwin rang in dieser Zeit mit sich selbst hinsichtlich der Veröffentlichung seiner Theorie, weil er eine allgemeine Ächtung fürchtete. Moore schreibt: „Die Belastung war spürbar . . . In einem Brief . . . platzte Darwin damit heraus: ,Welch ein Buch mag ein Kaplan des Teufels über die unbeholfenen, verschwenderischen, zutiefst ungeschickten und schrecklich grausamen Werke der Natur schreiben!‘ Als Verfasser befürchtete Darwin Anschuldigungen, ein Buch, das ihn als Ungläubigen entlarven und der Bestrafung aussetzen würde – ebenso wie der ursprüngliche Kaplan des Teufels Robert Taylor – Absolvent der Universität Cambridge und abtrünniger Priester, der zweimal wegen Gotteslästerung im Gefängnis saß“ („Darwin – A ,Devil’ s Chaplain‘?“ von James Moore).
Darwin schrieb am Ende doch das, was er als sein „verfluchtes Buch“ bezeichnete, aber die meisten seiner Schriften wurden zwanzig Jahre lang geheim gehalten. Erst als ein Kollege, Alfred Russel Wallace, ihm eine Abhandlung zusandte, die im Grunde die gleiche Theorie enthielt, wurde er zum Handeln gezwungen. Aus Furcht, dass Wallace nun die Theorie zugerechnet werden würde, verlas Darwin bei einer wissenschaftlichen Konferenz zuerst seine eigene Abhandlung und dann die von Wallace.
Von der Zeit an, als er begann, seine geheimen Notizbücher zur Evolution und zum Materialismus zu verfassen, begann Darwin auch unter schrecklichen psychosomatischen Störungen zu leiden, die ihn sein langes Leben lang begleiten sollten. Er lebte etwa 40 Jahre lang mit allgemein schlechter Gesundheit.
Er litt aber nicht nur an dem, was psychologisch verursachte Krankheiten zu sein scheinen, er wurde auch von Zweifeln über sein eigenes Buch geplagt. Er gestand einigen Mitwissenschaftlern: „Es handelt sich nur um einen Lumpen von einer Hypothese, mit genauso viel Makeln und Löchern wie einwandfreien Teilen . . . [aber] ich kann damit meine Frucht auf den Markt tragen . . . Ein ärmlicher Lumpen ist besser als nichts, um darin die eigene Frucht zum Markt zu tragen.“ Einem anderen Kollegen schrieb er: „Ich . . . habe mein Leben einem Fantasiebild gewidmet“ (von Desmond und Moore zitiert, Seite 475-477).
Die Frucht, die er vermarkten wollte, war seine Evolutionstheorie – die einen direkten Angriff auf die vorherrschenden Vorstellungen von Gott, dem Christentum und der Bibel beinhaltete. Und als was für eine tödliche Frucht sich das herausstellen sollte!
Wie Desmond und Moore erläutern: „Indem er die radikalen Tiefen auslotete, sah Darwin die katastrophalen Konsequenzen. ,Wenn man erst einmal eingesteht, dass Arten . . . sich ineinander umwandeln können . . . dann wankt und fällt der ganze Bau.‘ Der ,Bau‘ der Kreationisten und alles, was er enthält, waren seine Zielscheibe. Er schaute in die Zukunft und sah das alte übernatürliche Gebäude zusammenbrechen“ (Seite 243).
Ein Mann für seine Zeit
Obwohl er von Zweifeln geplagt war, kamen Darwins Ideen für ihn zu einer günstigen Zeit. Seine Zeit war tief von der Französischen Revolution und dem Sturz vieler europäischer Monarchien und der Schwächung der Macht des Klerus geprägt. In seiner AutoBiografie schrieb Darwin: „Nichts ist bemerkenswerter als die Verbreitung von Skeptizismus und Rationalismus während meiner letzten Lebenshälfte.“ Er war in der Lage, die radikalen politischen und sozialen Strömungen, die für ihn vorteilhaft waren, zu nutzen.
Das Zeitalter des Positivismus war angebrochen, mit dem Versprechen, dass die Wissenschaft zu einer Epoche kontinuierlichen wissenschaftlichen und materiellen Fortschritts führen würde, dass am Ende alle Fragen des Menschen beantwortet und seine Probleme gelöst werden würden – ohne die Hilfe der Religion. Es war auch eine Zeit, in der die Kirchen in Großbritannien von vielen Radikalen wie Darwin als korrupt und überholt angesehen wurden.
Darwin schlug eine Theorie vor, die im Grunde den Schöpfergott abschaffen würde. Rein materielle bzw. richtungslose Mechanismen wie die natürliche Auslese und Anpassung haben das „Erschaffen“ übernommen. „Seine Vision“, schreiben Desmond und Moore, „bestand nicht länger aus einer Welt, die persönlich von einem edlen Gott erhalten wurde, sondern die selbsterzeugt war. Von den Echinodermen [Meerestieren wie z. B. den Seesternen] bis zu den Engländern war alles aus der gesetzesmäßigen Verteilung der lebenden Materie in der Reaktion auf eine sich ordnungsgemäß wandelnde geologische Umwelt entstanden“ (Seite 237).
Es sollte hier angemerkt werden, dass Darwin in späteren Ausgaben seines Buches Die Entstehung der Arten den Begriff „Schöpfer“ an einigen Stellen einfügte und an einer Stelle ausführte: „Es ist wahrlich etwas Erhabenes um die Auffassung, dass der Schöpfer den Keim alles Lebens, das uns umgibt, nur wenigen oder gar nur einer einzigen Form eingehaucht hat“ (Die Entstehung Arten, Reclam, Stuttgart, 1963, Seite 678). Er gestand aber seinen empörten Kollegen, dass dieser Eindruck einer theistischen oder deistischen Evolution dazu dienen sollte, die Gefühle seiner christlichen Frau und einer ähnlich gesinnten Öffentlichkeit zu besänftigen.
Trotzdem gestand Darwin schwankende Sichtweisen ein und behauptete, ein Agnostiker zu sein. In einem Brief aus dem Jahre 1879 schrieb er: „Ich war nie Atheist in dem Sinn gewesen, dass ich die Existenz eines Gottes geleugnet hätte . . . Agnostiker wäre eine zutreffendere Beschreibung meiner Geistesverfassung“ (Darwin und J. Fordyce, veröffentlicht in Aspects of Scepticism, 1883).
Die Konsequenzen der Theorie
Das Resultat von Darwins Evolutionstheorie war dramatisch. Atheismus und Säkularismus erlangten weite Popularität. Wie es Richard Dawkins, einer der eifrigsten modernen Verfechter von Darwin und dem Atheismus auf so berühmte Weise zum Ausdruck brachte: „Darwin ermöglichte es dem Atheisten, auch intellektuell zufrieden zu sein“ (Der blinde Uhrmacher – Ein neues Plädoyer für den Darwinismus, 1990, Deutscher Taschenbuch Verlag, München, Seite 19).
So verbreitete sich der wissenschaftliche Materialismus wie Wildfeuer. Karl Marx, der Vater des Kommunismus, sandte Darwin in Dankbarkeit Das Kapital, sein Hauptwerk zum Kommunismus. „Obwohl es in der plumpen englischen Art entwickelt wurde“, schrieb er an seinen kommunistischen Genossen Friedrich Engels, „legt sein Buch [Darwins Die Entstehung der Arten] im Bereich der Naturkunde die Grundlage für unsere Ansichten.“ Einem anderen Bekannten schrieb er, dass Darwins Werk „meinem Zweck dadurch dient, dass es in der Naturwissenschaft die Grundlage für den historischen Klassenkampf legt“ (Browne, Seite 188).
Die Unterstützung durch die Evolutionstheorie half bei der Etablierung des philosophischen Rahmens für die doppelten Geißeln des Kommunismus und Atheismus in Russland, China und vielen anderen Nationen.
Als Darwins Ideen an Achtbarkeit gewannen, wurden absolute moralische Werte zunehmend in Frage gestellt. Wenn es keinen Schöpfer gibt, dann scheint am Ende alles erlaubt. Wenn es keinen Gott gibt, dann gibt es auch letztendlich keine Konsequenzen. Wenn es keine höhere Autorität als das eigene Selbst gibt, dann gelten die Regeln des Überlebens des Stärksten. Diese unterstützen die Vorstellung, dass man sich mit allen Mitteln durchsetzen sollte, indem man das Gesetz des Dschungels anwendet – nur die Starken überleben.
Darwin setzte dem Ganzen noch sozusagen die Krone auf, als er 1871 sein Buch Abstammung des Menschen schrieb, in dem er die Abstammung des Menschen vom Affen beschrieb, ein Buch mit offensichtlich unbegründeten Spekulationen und sogar rassistischen Behauptungen – einschließlich der Behauptung einer weißen Überlegenheit (da Weiße auf der Evolutionsleiter angeblich weiter von den Affen entfernt seien als Schwarze).
Hitler hat später einige dieser Ideen, die als „Sozialdarwinismus“ bezeichnet werden, im Zweiten Weltkrieg dazu genutzt, Millionen von Menschen, die er für rassisch minderwertig hielt, zu vernichten. Er sagte: „Die Natur ist grausam, daher müssen auch wir grausam sein . . . Ich habe das Recht, Millionen einer minderwertigen Rasse, die sich wie Ungeziefer vermehrt, zu entfernen! . . . Die Naturinstinkte reizen alle Lebewesen dazu, ihre Feinde nicht nur zu erobern, sondern zu vernichten“ (zitiert in Hermann Rauschning, The Voice of Destruction, 1940, Seite 137-138).
Eigentlich hätte Hitler sagen können, dass er die Evolutionstheorie anwandte und lediglich das unabwendbare Ende der Schwachen beschleunigte. Das sei notwendig, um Raum für eine stärkere, überlegenere Rasse zu schaffen. Dies verlieh seinen verdrehten Ansichten in seinen Augen wissenschaftliche und moralische Gültigkeit – und im Zweiten Weltkrieg starben dann etwa 65 Millionen Menschen.
Fehler in Darwins Theorie
Nach weiteren wissenschaftlichen Entdeckungen, einschließlich der Entdeckung der Feinheiten der menschlichen DNA (die aus sorgfältig zusammengesetzten Anweisungen mit einer Länge von 3 Milliarden genetischen „Buchstaben“ besteht), der verblüffenden Komplexität der Zelle und der Millionen von fehlenden Zwischengliedern (zwischen verschiedenen Tier- und Pflanzentypen) gerät Darwins Theorie immer mehr in echte Schwierigkeiten.
„Noch vor fünfundzwanzig Jahren“, schrieb der ehemalige Atheist Patrick Glynn, der an der Harvarduniversität promovierte, „hätte ein vernünftiger Mensch, der die rein wissenschaftlichen Beweise abgewogen hätte, sich wahrscheinlich auf die Seite des Skeptizismus geschlagen. Das ist nicht mehr länger der Fall. Heutzutage deuten die konkreten Daten eindeutig in Richtung der Gott-Hypothese“ (God: The Evidence, 1997, Seite 55-56). Wie viele Wissenschaftler sind wegen der theologischen und philosophischen Implikationen trotzdem nicht bereit, die Evolutionstheorie aufzugeben?
„Wir nehmen die Seite der Wissenschaft ein, trotz der offensichtlichen Absurdität einiger ihrer Konstrukte“, gab der Harvardbiologe Richard Lewontin einmal offen zu, „trotz der Toleranz der wissenschaftlichen Gemeinschaft für unbegründete ,Nur-so-Geschichten‘, weil wir eine vorrangige Verpflichtung haben . . . gegenüber dem Materialismus . . . Wir können keinen göttlichen Fuß in der Tür zulassen“ („Billions and Billions of Demons“, New York Review, 9. Januar 1997, Seite 31).
Wo sind die Beweise?
Darwin fehlten die Beweise für Übergangsformen zwischen einzelligen und mehrzelligen Organismen, zwischen Reptilien und Säugetieren und zwischen den Affen und den Menschen, um nur einige zu erwähnen. Er stellte sogar selbst die Frage: „Warum wimmelt also nicht jede geologische Formation und jede Schicht von Zwischengliedern? Die Geologie zeigt uns keineswegs eine ununterbrochene Kette organischer Wesen, und das ist vielleicht der ernsthafteste Einwand, der gegen meine Theorie erhoben werden kann“ (Die Entstehung der Arten, Reclam, Stuttgart, 1963, Seite 429-430).
Was tat er also? Er behauptete, der Fossilbericht sei noch viel zu spärlich und unzulänglich offengelegt worden und dass deshalb der Beweis durch Fossilien noch nicht erbracht worden sei. Heute jedoch sind laut dem Biochemiker Michael Denton von den 44 Ordnungen der lebenden terrestrischen Wirbeltiere 43 auch als Fossil gefunden worden (eine Auffindungsrate von 97 Prozent!). Es wurden bei diesen Gruppen aber keine Übergangsformen gefunden. Nicht einmal, zum Beispiel, irgendetwas als Zwischenglied zwischen Reptilienschuppen und Vogelfedern – und das sind Gruppen von angeblich verwandten Lebewesen.
Der Paläontologe Stephen Jay Gould gibt zu: „Die extreme Seltenheit von Übergangsformen im Fossilbericht ist weiterhin das Betriebsgeheimnis der Paläontologie“ (The Panda’s Thumb, 1980, Seite 181).
Wenn Darwins Theorie stimmt, dann sollte es Millionen von Übergangsformen geben – Tiere und Pflanzen in unterschiedlichen Stadien der Transformation in andere Arten durch Mutation und natürliche Auslese. Wenn die Evolution wahr wäre, dann sollten wir in der Tat weit mehr Übergangsformen als völlig ausgereifte, völlig funktionsfähige Arten finden können. Hinzu kommt, dass wir dann auch unter den mehr als einer Million Arten auf Erden und den noch zahlreicheren Fossilientypen solche finden sollten, die sich allmählich verändern. Aber es wurden keine solchen Übergangsformen gefunden.
Es gibt einige Berichte darüber, dass Darwin gegen Ende seines Lebens eine Änderung in seinem Denken erlebt hat – möglicherweise hat er bereut, wie weit seine Ideen fortgeführt wurden. Während so etwas möglich wäre, denn Darwin hat persönliche Glaubensüberzeugungen immer als Privatsache behandelt, hat keiner aus seiner Familie jemals einen solchen Gesinnungswandel bei ihm bestätigt, auch seine gläubige Frau nicht. Und für die Gesellschaft würde das auch keine Rolle spielen, denn seine Jünger wären nicht bereit gewesen, deswegen umzukehren.
Die Biografen Desmond und Moore schließen ihr Buch auf Seite 677 mit der folgenden Szene, wo Darwin feierlich in der Westminster Abbey zur Ruhe gelegt wird: „Es markierte den Aufstieg der Händler auf dem Marktplatz der Natur zur Macht, der Wissenschaftler und ihrer Lakaien in der Politik und Religion. Solche Menschen, die sich nun auf dem aufsteigenden Ast befanden, taten ihre Schuldigkeit, denn Darwin hatte die Schöpfung naturalisiert und die menschliche Natur und das menschliche Schicksal in ihre Hände gelegt. Die Gesellschaft würde nie wieder dieselbe sein. Der ,Kaplan des Teufels‘ hatte seine Arbeit geleistet.“