Nachrichten über die Bibel
aus den Naturwissenschaften
Von Mario Seiglie, Tom Robinson und Scott Ashley
Der israelische Archäologe Nahman Avigad erwarb 1964 ein Siegel, in das die Buchstaben JZBL – der Name Isebel – in alter hebräischer Schrift eingraviert waren. Professor Avigad dachte, dass es sich um das offizielle Siegel der in der Bibel erwähnten Königin Isebel handeln könnte. Weil aber der Ort und der Zeitpunkt der Entdeckung unbekannt waren, konnte man das Siegel mit der berüchtigten Königin nicht in Verbindung bringen.
Eine kürzlich durchgeführte Untersuchung durch Marjo Korpel von der Universität Utrecht ergab, dass das Siegel, das jahrelang im Israelischen Museum aufbewahrt war, tatsächlich der mörderischen Monarchin gehört hatte. Die besondere Größe des Siegels weist auf die Wichtigkeit seines Besitzers hin, ebenso die Tatsache, dass es aus einem Opal geschnitzt worden ist, einem Halbedelstein. „Es ist doppelt so groß wie ein normales Siegel. Die Ikonographie ist auch sehr schön eingraviert“, sagt Dr. Korpel.
Ihre Analyse der in das Siegel eingravierten Symbole ließ sie zu dem Schluss kommen, dass es einer weiblichen königlichen Person gehörte – einer Königin. „Die Löwen-Sphinx mit weiblichem Haupt und weiblicher Isis-Hathor-Krone, was etwas Einzigartiges ist, weisen eindeutig auf eine Königin hin“, sagte sie. „Die Lotusblume [unterhalb des Horusfalken] war ein Symbol der Geschlechtsdefinition und bezieht sich auf einen weiblichen Besitzer, [während] die geflügelte Sonnenscheibe innerhalb und außerhalb von Israel ein wohlbekanntes königliches Symbol war.“
Andere Bildzeichen auf dem Siegel, wie der Horusfalke und die Zwillingskobras, bestätigen ebenfalls die Verbindung des Objekts zu einem Monarchen, wie Dr. Korbel anmerkte. Durch ein Ausschlussverfahren kam sie zu dem Schluss, dass die biblische Königin allein als glaubhafte Besitzerin in Frage kam. Ihre vollständige Analyse wurde in einer Ausgabe der wissenschaftlichen Zeitschrift Journal for Semitics veröffentlicht.
Nach ihrer Beschreibung in den biblischen Büchern 1. und 2. Könige manipulierte Isebel im 9. Jahrhundert v. Chr. ihren Ehemann, den israelitischen König Ahab, und schreckte vor Betrug und Mord nicht zurück. Als Tochter eines phönizischen Herrschers war Isebel entschlossen, Ahab und das ganze Königreich Israel zu der Anbetung der Gottheiten ihres Herkunftslandes zu bekehren.
Als Professor Hagai Misgav von der Hebräischen Universität von dem Forschungsergebnis hörte, meinte er, dass das Israelische Museum und die israelische Altertumsbehörde noch weitere Artefakte besitzen, die möglicherweise unerkannte historische Hinweise enthalten. „Nicht alle Artefakte wurden gründlich untersucht“, stellte er fest. „Es gibt noch viele Entdeckungen, die auf ihre Veröffentlichung warten.“
Die Schriftrollen vom Toten Meer und ihre Bedeutung
Die Schriftrollen vom Toten Meer offenbaren die erstaunliche Genauigkeit, mit der der Text des Alten Testaments über die Jahrtausende hinweg übertragen wurde. Bei den Schriftrollen vom Toten Meer handelt es sich um etwa 900 Dokumente, die neben anderer religiöser Literatur auch Teile der gesamten hebräischen Bibel außer dem Buch Ester enthalten. Ihr jeweiliges Entstehungsdatum reicht vom 3. Jahrhundert v. Chr. bis zum ersten Jahrhundert n. Chr.
Als diese Manuskripte in verschiedenen Höhlen in der nordwestlichen Region des Toten Meeres entdeckt wurden, fragten sich die Gelehrten, wie viele Unstimmigkeiten sich zwischen ihnen und dem alttestamentlichen Text finden lassen würden, dem Text, der als Grundlage für unsere modernen Bibelübersetzungen benutzt wird und dessen älteste Kopien aus dem 10. Jahrhundert n. Chr. stammen. Zwischen den beiden Versionen lagen mehr als 1000 Jahre. Wie gut würden sie da miteinander übereinstimmen?
Es ist unglaublich, aber als die beiden Versionen miteinander verglichen wurden, stellten die Forscher fest, dass sie auf unheimliche Weise miteinander übereinstimmten – nahezu wortwörtlich. Zum Beispiel wurde die Schriftrolle vom Toten Meer, die das gesamte Buch Jesaja enthält und etwa acht Meter lang ist, mit dem Masoretischen Text, der die Grundlage für unser modernes Altes Testament bildet und aus dem 10. Jahrhundert stammt, verglichen. Die Forscher stellten fest, dass die Texte praktisch in allen Fällen miteinander übereinstimmen.
Der Bibelgelehrte Gleason Archer führt dazu aus: „Obwohl die beiden Kopien von Jesaja, die 1974 in der Qumranhöhle 1 in der Nähe des Toten Meeres gefunden worden sind, eintausend Jahre älter waren als die zuvor bekannten ältesten datierten Manuskripte (980 n. Chr.), erwiesen sie sich bei mehr als 95 Prozent des Textes doch als Wort für Wort identisch mit unserer standardmäßigen hebräischen Bibel. Die fünf Prozent, wo es Unterschiede gab, bestanden hauptsächlich aus offensichtlichen Schreibfehlern und unterschiedlicher Rechtschreibung . . . Durch sie wird die offenbarte Botschaft nicht im Geringsten beeinflusst“ (A Survey of Old Testament Introduction, 1974, Seite 25).
Das ist der größte Beitrag, den die Schriftrollen vom Toten Meer zur Bibelwissenschaft geleistet haben. Sie haben die Zuverlässigkeit des alttestamentlichen Textes, den wir nun in unseren Bibeln vorfinden, bestätigt. „Kritische Gelehrte“, sagt Garry Brantley, „haben die Genauigkeit des MT [Masoretischen Texts], der die Grundlage für unsere Versionen des Alten Testaments bildet, in Frage gestellt, da es eine solch große chronologische Lücke zwischen ihm und den Autographien [ursprünglichen Dokumenten] gab. Wegen dieser Unsicherheit haben Gelehrte den Text oft mit beachtlicher Freizügigkeit ,korrigiert‘. Qumran hat jedoch Überreste einer frühen masoretischen Ausgabe, die noch vor der christlichen Zeitperiode datiert wird, geliefert, auf der der traditionelle Masoretische Text basiert. Ein Vergleich zwischen den Texten zeigte die bemerkenswerte Genauigkeit, mit der die Schriftgelehrten die heiligen Texte kopierten. Entsprechend wurde die Integrität der hebräischen Bibel bestätigt, was ihr im Allgemeinen mehr Respekt unter den Gelehrten verschafft hat und die textlichen Veränderungen drastisch reduziert hat“ („The Dead Sea Scrolls and Biblical Integrity“, April 1995).
Tatsächlich hat sich der Masoretische Text, den wir heute besitzen, als sorgfältiger übermittelt erwiesen als die Version der Schriftrollen vom Toten Meer! Im Vergleich enthielt die längste Schriftrolle vom Toten Meer zum Buch Jesaja mehr Rechtschreibfehler. Das ist auch im Allgemeinen der Fall, wenn man den Masoretischen Text mit den Schriftrollen vom Toten Meer vergleicht.
Wie steht es mit dem Text des Neuen Testaments? Wie zuverlässig ist er? Bei den uns bekannten Tausenden von alten Kopien und Teilen von Kopien des Neuen Testamentes gibt es eine 98-prozentige Übereinstimmung. Bei den bestehenden Unterschieden handelt es sich meist um Rechtschreibfehler oder Zusätze von Schreibern, die leicht als solche erkannt werden können.