Was meinte Jesus, als er sagte, dass man ein altes Kleid nicht mit einem neuen Tuch flickt? Oder dass man neuen Wein nicht in alte Weinschläuche füllt? Seine Worte haben eine besondere Bedeutung für uns!
Von Robin Webber
Ein Geschäftsmann wollte eine alte Lagerhalle in einem heruntergekommenen Stadtviertel verkaufen. Das Gebäude hatte monatelang leer gestanden und war deshalb stark renovierungsbedürftig. Die Spuren des Vandalismus konnte man schnell wahrnehmen: Die Fenster waren zerschlagen und Müll bedeckte den Fußboden.
Als ein potenzieller Käufer das Objekt besichtigte, bekundete der Eigentümer seine Bereitschaft, die Immobilie wieder instand zu setzen: Alle Fenster würden ersetzt, etwaige Strukturschäden behoben und das ganze Gebäude präsentierfähig gesäubert. Der Kunde überraschte ihn mit seiner Antwort: „Vergessen Sie die Renovationen und Reparaturen! Wenn ich mich zum Kauf entscheide, werde ich hier etwas ganz anderes bauen. Ich will Ihre alte Lagerhalle gar nicht. Mich interessiert der Standort!“
Diese Antwort erinnert uns an Gottes Erlösungsplan für alle Menschen, die Jesu Christi Aufforderung „Folgt mir nach!“ beherzigen und ihre Berufung durch Gott vorbehaltlos akzeptieren.
In seinem Brief an die Gemeinde zu Ephesus ergänzt der Apostel Paulus dieses Beispiel mit seiner Beschreibung der geistlichen Perspektive: „Ihr habt doch von ihm [Jesus] gehört und seid in ihm unterwiesen, wie es Wahrheit in Jesus ist. Legt von euch ab den alten Menschen mit seinem früheren Wandel, der sich durch trügerische Begierden zugrunde richtet. Erneuert euch aber in eurem Geist und Sinn und zieht den neuen Menschen an, der nach Gott geschaffen ist in wahrer Gerechtigkeit und Heiligkeit“ (Epheser 4,21-24; alle Hervorhebungen durch uns).
Wie sollen wir diese Aufforderung des Paulus verstehen? Dass Gott mit uns etwas ganz Neues schaffen möchte, obwohl er uns in unserem jetzigen Zustand annimmt. Wie ziehen wir diesen „neuen Menschen“ an, wo gibt es Hindernisse, wo gibt es Segnungen, die wir dabei erleben können?
Renovierung oder Neubau?
Überlegen wir die Bedeutung der Worte des Paulus im Lichte dessen, was Jesus lehrte. Eigentlich ergänzt Paulus die Lehre Jesu, die wir in Matthäus 9, Verse 16-17 finden: „Niemand flickt ein altes Kleid mit einem Lappen von neuem Tuch; denn der Lappen reißt doch wieder vom Kleid ab, und der Riss wird ärger. Man füllt auch nicht neuen Wein in alte Schläuche; sonst zerreißen die Schläuche, und der Wein wird verschüttet, und die Schläuche verderben. Sondern man füllt neuen Wein in neue Schläuche, so bleiben beide miteinander erhalten.“
Im Gegensatz zu früheren Generationen gehört heute das Nähen nicht zu den Fertigkeiten vieler heranwachsender Mädchen, und die meisten von uns können mit einem Weinschlauch nichts anfangen. Wir haben jedoch moderne Entsprechungen für die Symbole, die Jesus benutzte.
Sind wir nicht oft versucht, die Fehler in unserem Leben mit einer „Sicherheitsnadel“ oder einem „kleinen Klebestreifen“ zu flicken?
Das ist ein Hindernis beim Anziehen des neuen Menschen: Durch Flickschusterei versuchen wir manchmal, Charaktermängel zu übertünchen. Gott möchte jedoch nicht unsere „Lagerhalle“ renovieren, er möchte etwas ganz Neues in unserem Leben bauen.
Gott hat etwas Großartiges mit uns vor: Er bietet uns eine komplette „Herztransplantation“ an. Die grundlegende biblische Realität ist, dass Gott seinen Sohn nicht in diese Welt sandte, um gute Menschen besser zu machen, sondern um todgeweihte Sünder zu retten!
Vielleicht meinen wir, dass wir unseren Charakter aus eigener Kraft verbessern können. Aber so funktioniert es nicht.
Ist Ihnen beim Einkaufen schon einmal ein bekanntes Produkt aufgefallen, das man in neuer Verpackung als etwas Neues oder „mit verbesserter Qualität“ vermarkten wollte? Gott sandte seinen Sohn nicht in die Welt, um für uns zu sterben, damit wir unser altes Ich sozusagen mit geistlichen Farbstoffen übertünchen können, um als etwas Verbessertes zu erscheinen. Wir sollen etwas völlig Neues werden, bestehend aus ganz neuen Baustoffen.
Die materielle Welt und die geistliche Welt
In Bezug auf die Erschaffung des Menschen gilt es, einen fundamentalen Unterschied zwischen uns und Gott zu verstehen. Gott sagt uns, dass wir „zu seinem Bilde“ geschaffen wurden (1. Mose 1,27). Wir sollen ihm ähnlich sein (Vers 26, Elberfelder Bibel).
Gott schuf den Menschen „aus Erde vom Acker“, aber das ist nicht die endgültige Form, die Gott für seine Geschöpfe vorgesehen hat. Noch ist der Mensch in seiner jetzigen Form wie ein renovierungsbedürftiges Haus, das Gott ersetzen wird. Wir sollen neu geschaffen werden, was der Prophet Jesaja vor ca. 2700 Jahren angedeutet hat: „Denn siehe, ich will ein Neues schaffen, jetzt wächst es auf, erkennt ihr’s denn nicht?“ (Jesaja 43,19).
Paulus bestätigt Gottes Absicht in 2. Korinther 5, Vers 17: „Daher, wenn jemand in Christus ist, so ist er eine neue Schöpfung; das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden“ (Elberfelder Bibel).
Gott interessiert sich für unseren „Standort“ – für unser Leben schlechthin. Wir sollen „den alten Menschen ablegen“, dann aber kein unbebautes Grundstück bleiben. Wir sollen auch keine Roboter sein, ohne eigene Individualität und Persönlichkeit.
Ausgestattet mit moralischer Entscheidungsfreiheit und dem freien Willen ziehen wir mit Gottes Hilfe „den neuen Menschen“ an. Gott lässt etwas ganz Besonderes in uns entstehen, das sich auf den Geist, nicht auf das Materielle gründet.
Paulus beschreibt Gottes Bautätigkeit auf folgende Weise:
„So seid ihr nun nicht mehr Gäste und Fremdlinge, sondern Mitbürger der Heiligen und Gottes Hausgenossen, erbaut auf den Grund der Apostel und Propheten, da Jesus Christus der Eckstein ist, auf welchem der ganze Bau ineinandergefügt wächst zu einem heiligen Tempel in dem Herrn. Durch ihn werdet auch ihr miterbaut zu einer Wohnung Gottes im Geist“ (Epheser 2,19-22).
Durch den Glauben an das Leben, den Tod und die Auferstehung Jesu Christi bietet uns Gott eine ganz andere Lebensweise an. Es ist das Leben im Geist (Römer 8,4; Galater 5,16) anstelle einer Lebensführung, die sich allein an dem Stofflichen orientiert.
Letztendlich ist es der Zweck unseres Lebens, von einer materiellen in eine ewige, geistliche Existenz verwandelt zu werden. Wir sollen nicht mehr „von der Erde und irdisch“ sein, sondern wir werden „das Bild des himmlischen“ tragen (1. Korinther 15,47. 49). Die Verwandlung, die dann stattfindet, beginnt heute mit einer Veränderung unserer Lebensausrichtung!
Woran erkennt man, dass man sich von der Orientierung an der stofflichen Welt verabschiedet und mit einer neuen Lebensausrichtung begonnen hat? Man erkennt es an der Überzeugung, dass Gott uns durch das vergossene Blut Jesu Christi erkauft hat: „Ihr gehört nicht euch selbst; denn um einen teuren Preis seid ihr erkauft worden“ (1. Korinther 6,19-20, Einheitsübersetzung; vgl. dazu Apostelgeschichte 20,28).
Es ist die Erkenntnis, dass der bisherige Bau unseres Lebens aufgrund der Sünde brüchig war und dass Gott durch den „Geist, der lebendig macht“ (1. Korinther 15,45), neues Leben in uns entstehen lassen will.
Keine Flickschusterei mehr mit Altem und Neuem
Der Kern der Lehre Jesu über das Flicken eines alten Kleides mit neuem Stoff ist, dass wir das Neue, das er in uns pflanzen will, nicht mit unseren alten Ansichten vermischen dürfen. Gott geht es nicht darum, uns zu „reparieren“. Er will das Alte durch etwas Neues, ja etwas Ewiges ersetzen. Wir sollen Gott stets dankbar sein, dass er uns eine Perspektive eröffnet, die unendlich weit über unsere zeitlich befristete, stoffliche Existenz hinausgeht.
Bei der Veränderung, die in uns stattfindet, sollen wir als Gottes Partner mitwirken. Er verspricht nie mehr als das, wozu er fähig ist, und ist nicht darauf aus, in uns ein Vakuum durch Zurückgelassenes entstehen zu lassen. Stattdessen sagt uns Gott in Hesekiel 11, Verse 19-20, dass sein Bau eines neuen Menschen in unserem Leben im Innern beginnt, mit einer Grunderneuerung unseres Wesens:
„Und ich will ihnen ein anderes Herz geben und einen neuen Geist in sie geben und will das steinerne Herz wegnehmen aus ihrem Leibe und ihnen ein fleischernes Herz geben, damit sie in meinen Geboten wandeln und meine Ordnungen halten und danach tun. Und sie sollen mein Volk sein, und ich will ihr Gott sein.“
Zum Schluss erzähle ich Ihnen die Geschichte eines Mannes, der Probleme mit seinem Gedächtnis hatte. Er suchte seinen Hausarzt auf, der ihm sagte: „Ihr Erinnerungsvermögen wird sich nur dann verbessern, wenn Sie nicht sehen können. Was wollen Sie behalten: Ihr Gedächtnis oder Ihre Sehkraft?“ Seine Antwort lautete: „Ich will sehen können. Mir ist es wichtiger zu erkennen, wo ich hingehe, als mich daran zu erinnern, wo ich gewesen bin!“
Die Moral dieser Geschichte ist, dass hinter uns nur ein Flickwerk der Erinnerungen an unsere temporäre materielle Existenz liegt. Vor uns liegt die aufregende Existenz einer „neuen Kreatur“, vollständig neu geformt als ewig lebende Angehörige der Familie Gottes. Diese Zukunft verheißt Gott allen, die Jesu Aufforderung „Folgt mir nach!“ ernst nehmen und den neuen Menschen anziehen.