Trotz der vielen Unterschiede unter christlichen Kirchen scheinen sie alle das Pfingstfest zu feiern. Pfingsten erinnert bekanntlich an die Erscheinung des heiligen Geistes in Feuerzungen zu Beginn der christlichen Ära. Wußten Sie, daß die Lehre über diesen heiligen Geist heute wesentlich anders ist als damals zum ersten christlichen Pfingstfest?

Von Scott Ashley und Wilhelm Hoenen

Ist der heilige Geist eine dritte Person der Dreieinigkeit, wie die Theologie lehrt? Welche Vorstellung hatte die Gemeinde zur Zeit Jesu Christi vom heiligen Geist? Mit anderen Worten: Ist der heutige christliche Glaube in dieser Frage derselbe wie der zur Zeit Jesu Christi? Sie werden über die Antwort der Bibel überrascht sein!

Unter dem Einfluß der christlichen Tradition nehmen viele an, daß der heilige Geist zusammen mit Gott, dem Vater, und Jesus Christus, dem Sohn, die sogenannte Dreieinigkeit bildet. Diese Lehre drückt einen Glauben an einen Gott aus, der in drei verschiedenen, aber gleichwertigen Personen existiert, aber zugleich ein Gott ist. Lehrt die Bibel, daß der heilige Geist eine dritte göttliche Person ist, genau wie Gott, der Vater, und Jesus Christus?

Als erstes stellen wir fest, daß das Wort Dreieinigkeit nirgends in der Bibel vorkommt. Es wurde als religiöser Begriff in der christlichen Theologie erst nach dem Konzil von Nicäa (325 n. Chr.) allgemein gebräuchlich, mehr als 200 Jahre nach der Abfassung der letzten Bücher der Bibel. Geht man also von der Bibel aus, so war dieser Begriff zur Zeit Jesu Christi unbekannt. Diese Tatsache ist unseren heutigen Theologen klar.

Es mag dem Leser erstaunlich vorkommen, aber es ist trotzdem wahr, daß das traditionelle Christentum die Dreieinigkeit lehrt, obwohl es sehr wohl Kenntnisse darüber hat, daß die Bibel, die Gottes Wort beinhaltet, die Dreieinigkeit nicht lehrt. In der 1989 von insgesamt über 80 Mitarbeitern bzw. Gutachtern mit hoher akademischer Ausbildung (47 Doktoren, 29 Professoren) erarbeiteten und ergänzten 5. Auflage des Evangelischen Erwachsenen Katechismus (1989, Gütersloher Verlagshaus Gerd Mohn, Seite 465) beginnt der einleitende Satz zum Thema Dreieinigkeit: „Im Neuen Testament fehlt zwar eine ausdrückliche Lehre von der Dreieinigkeit (Trinität) ...“

Man mag fragen, warum hochgebildete Theologen in der Frage der Dreieinigkeit eine Lehre vertreten, von der sie wissen, daß sie sich biblisch nicht beweisen läßt. Im Gegensatz zu den Christen der Urgemeinde, deren Glaubenssätze sich auf die Heilige Schrift, das Zeugnis Jesu und das der Apostel gründeten, setzt sich die Theologie bei der Dreieinigkeitslehre einfach über das Neue Testament hinweg, wie man bei aufrichtigen Theologieprofessoren nachlesen kann.

In dem Band Kirchliche Dogmatik (EVZ-Verlag, 1964, Zürich) vom bekannten Theologen Karl Barth heißt es in dem Abschnitt „Wurzeln der Trinitätslehre“ (Seite 325): „Die Trinitätslehre ist ein Werk der Kirche ... ein Dokument der Theologie ... Der Text der Trinitätslehre ... ist nicht etwa identisch mit einem Stück des Textes des biblischen Offenbarungszeugnisses. Daß die Trinitätslehre ‚nicht in der Bibel steht‘, das haben natürlich die Kirchen- und Konzilsväter und erst recht später die Reformatoren ... auch gewußt. Sie haben aber mit Recht in Abrede gestellt, daß es für die Legitimität, d. h. Biblizität, darauf ankomme.“

Mit Hinweis auf eine Reihe von Dogmen im traditionellen Christentum (z. B. Maria, Fegefeuer, Siebenzahl der Sakramente, Unfehlbarkeit des Papstes sowie spezifische Dogmen des protestantischen Modernismus wie z. B. von der geschichtlichen Entwicklung der Offenbarung usw.) erklärt Barth weiter: „Wir sehen die Wurzeln nicht, die diese Lehren in der Offenbarung bzw. in deren biblischer Bezeugung haben müßten, um Dogmen sein zu können“ (ebenda, Seite 327).

Anerkannte einflußreiche Theologen erklären also freimütig, daß von Kirchen- und Konzilsvätern, von Reformatoren und von heutigen Theologen etablierte Dogmen Gültigkeit haben – auch wenn sie nicht in der Bibel stehen und ausschließlich menschliche Überlegungen und Schlußfolgerungen sind. Mit diesem offenen Geständnis dürfte verständlich werden, warum das heutige Christentum in seinen Lehren so anders ist als das des Neuen Testamentes.

Die eigentliche Grundlage für den christlichen Glauben – die Bibel – ermahnt uns, menschliche Überlegungen und Schlußfolgerungen als Quelle der geistlichen Erkenntnis abzulehnen. Das Neue Testament warnt Christen immer wieder vor Menschenlehre, vor vermeintlicher menschlicher Klugheit und Weisheit. An diese Warnung hielt sich die Gemeinde zur Zeit Jesu und der von ihm eingesetzten Apostel.

Die Zeitschrift Gute Nachrichten orientiert sich an den Lehren der ersten Christen und lehnt Auslegungen, die diesen Lehren widersprechen, ab. Da die Gemeinde zur Zeit der Apostel die Lehre der Dreieinigkeit nicht kannte, stellt sich für uns die Frage: Was war damals der Glaube bezüglich des heiligen Geistes? Die Antwort finden wir in der Lehrquelle für das Christentum der Urkirche, der Bibel, dem heiligen Wort Gottes.

Der heilige Geist – die Kraft Gottes

Statt eine bestimmte Person zu sein, wird der heilige Geist in der Bibel als göttliche Kraft offenbart.

Die Heilige Schrift beschreibt den heiligen Geist als die Kraft Gottes (Sacharja 4,6; Micha 3,8). Paulus schrieb Timotheus, daß der heilige Geist ein Geist „der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit“ ist (2. Timotheus 1,7; alle Hervorhebungen durch uns).

Lukas hält fest, daß Jesus sein Predigeramt „in der Kraft des Geistes“ aufnahm (Lukas 4,14). Seinen Jüngern sagte Jesus Christus bezüglich des Geistes, den sie nach seinem Tod erhalten sollten: „Ihr werdet die Kraft des heiligen Geistes empfangen, der auf euch kommen wird“ (Apostelgeschichte 1,8).

Petrus berichtet, „wie Gott Jesus von Nazareth gesalbt hat mit heiligem Geist und Kraft; der [Jesus] ist umhergezogen und hat Gutes getan und alle gesund gemacht, die in der Gewalt des Teufels waren, denn Gott war mit ihm“ (Apostelgeschichte 10,38). An dieser Stelle steht der heilige Geist in Verbindung mit der Kraft, durch die Gott mit Jesus war – die Kraft, durch die Jesus große Wunder in der Zeit seines irdischen Wirkens tat. Der heilige Geist ist die Gegenwart der Kraft Gottes, die in seinen Knechten wirkt.

Es war der Wunsch des Apostels Paulus, daß die Gemeindemitglieder zu Rom „immer reicher ... an Hoffnung durch die Kraft des heiligen Geistes“ würden in derselben Weise, wie Jesus Christus durch Paulus „in der Kraft von Zeichen und Wundern und in der Kraft des Geistes Gottes“ gewirkt hatte (Römer 15,13. 19).

Göttliche Inspiration durch den Geist

Die Heilige Schrift offenbart wiederholt, daß Gott seinen Propheten und Knechten seine göttliche Inspiration durch den heiligen Geist erteilt. In diesem Sinne hielt Petrus fest: „Denn es ist noch nie eine Weissagung aus menschlichem Willen hervorgebracht worden, sondern getrieben von dem heiligen Geist haben Menschen im Namen Gottes geredet“ (2. Petrus 1,21).

Paulus schrieb, daß Gottes Plan „jetzt ... seinen heiligen Aposteln und Propheten durch den Geist [offenbart ist]“ (Epheser 3,5) und daß seine eigenen Lehren vom heiligen Geist inspiriert wurden (1. Korinther 2,13). In 1. Korinther 2, Verse 9-10 erklärt Paulus, daß Gott uns durch seinen Geist die Dinge offenbart hat, die er denen bereitet hat, die ihn lieben. Gott, der Vater, ist der Offenbarer und wirkt durch seinen Geist in denen, die ihm dienen.

Jesus Christus sagte seinen Jüngern, daß der heilige Geist, den der Vater ihnen senden würde, sie „alles lehren und an alles erinnern“ würde, was Jesus ihnen gesagt hatte (Johannes 14,26).

Nach der Bibel sind Christen durch den heiligen Geist in der Lage, geistliche Einsicht und geistliches Verständnis zu erlangen: „Denn welcher Mensch weiß, was im Menschen ist, als allein der Geist des Menschen, der in ihm ist? So weiß auch niemand, was in Gott ist, als allein der Geist Gottes. Wir aber haben nicht empfangen den Geist der Welt, sondern den Geist aus Gott, daß wir wissen können, was uns von Gott geschenkt ist“ (1. Korinther 2,11-12). Jesus Christus hatte dieses geistliche Verständnis in reichlicher Fülle. Über ihn als Messias wurde prophezeit: „Auf ihm wird ruhen der Geist des Herrn, der Geist der Weisheit und des Verstandes, der Geist des Rates und der Stärke, der Geist der Erkenntnis und der Furcht des Herrn“ (Jesaja 11,2).

Andere Eigenschaften des Geistes

Der heilige Geist wird mit verschiedenen Eigenschaften beschrieben, die bestätigen, daß er im Neuen Testament nicht als göttliche Person dargestellt wird. Zum Beispiel wird der heilige Geist als eine Gabe bezeichnet (Apostelgeschichte 10,45; 1. Timotheus 4,14). Es wird gesagt, daß der Geist gedämpft werden kann (1. Thessalonicher 5,19), daß er ausgegossen werden kann (Apostelgeschichte 2,17; 10,45) und daß Christen mit dem heiligen Geist getauft werden können (Matthäus 3,11). Er muß in den Gläubigen erweckt werden (2. Timotheus 1,6), und er kann Christen erneuern (Titus 3,5). Bei diesen Beschreibungen handelt es sich gewiß nicht um die Eigenschaften einer dritten heiligen Person.

Es ist auch der Geist, „der verheißen ist ... das Unterpfand unsres Erbes ... [der] Geist der Weisheit und der Offenbarung“ (Epheser 1,13-14 und Vers 17). Dieser Geist ist nicht nur der Geist des Vaters, sondern auch „der Geist Christi“ (Römer 8,9; Philipper 1,19; 1. Petrus 1,11). Er wohnt in Christen, leitet sie und macht es möglich, daß sie Gottes Kinder sein können (Römer 8,14).

Im Gegensatz zu Gott, dem Vater, und Jesus Christus, die konsequent in Form und Gestalt mit Menschen verglichen werden, wird der heilige Geist in genauso konsequenter Weise auf eine ganz andere Weise dargestellt. In einem Fall erscheint er wie eine Taube (Matthäus 3,16; Markus 1,10; Lukas 3,22; Johannes 1,32), und zum ersten christlichen Pfingsten erschien er als Feuerzungen (Apostelgeschichte 2,3). Jesus verglich den Geist mit Strömen „lebendigen Wassers“ (Johannes 7,37-39).

Es gibt einen weiteren wichtigen Beweis, daß der heilige Geist keine Person, sondern die göttliche Kraft Gottes ist. In Matthäus 1, Vers 20 lesen wir, daß Jesus vom heiligen Geist gezeugt wurde: „... denn das von ihr [Maria] zu erwartende Kind stammt vom heiligen Geist“ (Menge-Übersetzung). Jesus sprach jedoch nur den Vater als seinen Vater an und betete ständig zu ihm, nicht zum heiligen Geist. Jesus stellte den heiligen Geist niemals als seinen Vater dar.

Paulus erkannte die Dreieinigkeit nicht an

Wenn Gott eine Dreieinigkeit wäre, dann hätte sicherlich der Apostel Paulus, dessen Briefe einen großen Teil der theologischen Grundlagen der frühen neutestamentlichen Kirche beinhalten, ausführlich über dieses Thema berichtet. In seinen Briefen finden wir jedoch kein derartiges Konzept. Will die moderne Theologie die Dreieinigkeit begründen, so kann sie sich nicht auf den Heidenapostel berufen!

Die Grußformel des Paulus, die in seinen Briefen an verschiedene Gemeinden und Einzelpersonen enthalten ist, lautete: „Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater, und dem Herrn Jesus Christus!“ (Römer 1,7). Der heilige Geist wird nicht erwähnt. Den gleichen Gruß findet man mit nur geringfügigen Formulierungsabweichungen in allen anderen Briefen des Apostels Paulus. Der heilige Geist wird in diesen Grüßen jedes Mal ausgelassen – ein unglaubliches Versäumnis, wenn der heilige Geist eine gleichrangige Person wie der Vater und Jesus Christus wäre.

Das Auslassen des heiligen Geistes ist um so überraschender, wenn man bedenkt, daß zu den Gemeinden, an die Paulus seine Briefe richtete, viele Heidenchristen gehörten. Vor ihrer Bekehrung zu Gott hatten diese Heidenchristen die Vielgötterei praktiziert. Eine Lehre von der Dreieinigkeit in der damaligen Kirche hätte daher sicherlich viele Fragen aufgeworfen. In seinen Briefen an diese Gemeinden bemühte sich Paulus überhaupt nicht darum, den Heidenchristen die Dreieinigkeit oder den heiligen Geist als heilige Person – dem Vater und Jesus Christus gleichgestellt – zu erklären.

Im Gegensatz dazu stellt Paulus unmißverständlich fest, daß wir „nur einen Gott, den Vater, [haben,] von dem alle Dinge sind ... und einen Herrn, Jesus Christus“ (1. Korinther 8,6). Paulus erwähnt den heiligen Geist als eine göttliche Person nicht.

Konsequenzen

Macht es einen Unterschied, ob wir an eine dritte Gottperson glauben oder ob wir den heiligen Geist als die von Gott ausgehende Kraft Gottes sehen?

In Offenbarung 21, Vers 7 wird der Sinn und das Ziel unseres Lebens beschrieben. „Wer überwindet, wird es alles ererben, und ich werde sein Gott sein, und er wird mein Sohn sein.“ In Römer 8, Vers 29 wird beschrieben, daß „die er ausersehen hat ... gleich sein sollten dem Bild seines Sohnes, damit dieser [Jesus Christus] der Erstgeborene sei unter vielen Brüdern.“

Die Lehre von der Dreieinigkeit lenkt von unserer Daseinsbestimmung ab, wonach wir schon jetzt ein persönliches und direktes familiäres Verhältnis zu Gottvater und zu unserem erstgeborenen Bruder Jesus Christus haben können und in der Zukunft ewig lebende Söhne des lebendigen Gottes und Brüder Jesu Christi sein werden. Nach der Bibel ist der heilige Geist keine dritte Gottperson, die zwischen den ewig lebenden Gottessöhnen und Gottvater bzw. Jesus Christus stehen wird.

Wer die Aussagen der Theologie mit ihren biblisch nicht zu belegenden Dogmen über die Dreieinigkeit dem Neuen Testament vorziehen will, wird keine Probleme haben, den heiligen Geist als dritte heilige Gottperson bzw. die Dreieinigkeit zu akzeptieren. Wer hingegen dem Beispiel der Menschen folgen will, die im Neuen Testament für ihr Forschen in der Schrift hervorgehoben werden (Apostelgeschichte 17,10-11), wird nach einer Untersuchung des Neuen Testamentes die Dreieinigkeit als unbiblisch ablehnen. Statt dessen wird man den Aussagen der neutestamentlichen Autoren glauben, die lehrten, daß der heilige Geist die Kraft Gottes ist.

Mehr Informationen zu diesem Thema finden Sie in unserem kostenlosen Themenpapier Die Wesensart Gottes und Christi.